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krimirezensionen ab 2003

 

David Ellis
"Die Schuldigen"
Rütten & Loening März 2004
ISBN 3-352-00709-8
22,50 €

Männlich und gemein

von Barbara Keller


Mit "Die Schuldigen" kommen die Freunde des Gerichts(un)wesens auf ihre Kosten. Die traurig schicksalhafte Story beginnt in einem Bett, dessen Kopfkissen sich Top-Jurist John Soliday mit seinen zwei Möpsen teilt und endet vor dem Kadi. Fünf Morde geschehen, an deren Beginn der Tod eines Mädchens steht. Ein Prozess - in dem genannter Jurist die unrühmliche Hauptrolle spielt - wird nach einer langen, schweren Geburt die unerfreuliche Wahrheit ans Licht bringen. Die Kulisse: das Wahlkampfrennen um den Gouverneursposten im Jahr 2000.

"Die Schuldigen" ("Live Sentence") ist David Ellis (35) zweiter Kriminalroman und hat wie Scott Turows "Aus Mangel an Beweisen" (1987, "Presumed Innocent") das Zeug, seinen Autor über die Leinwand zum Millionär zu machen. Die Spielwiese ist damit angedeutet: es handelt sich um ein "good old courtroom drama". Ein Gerichtssaaldrama.

Der Plot: August 2000. Gouverneurswahlen. Die Anstrengungen des demokratischen Senators, seinen Gegner, den angeblich skrupellosen Republikaner und Justizminister John Trotter aus dem Feld zu schlagen, laufen auf Hochtouren.

John Soliday ist Senator Tullys Chefberater und als Top-Jurist in Sachen Wahlkampf Generalberater der demokratischen Partei. Als Soliday herausfindet, dass Justizminister Trotter aufgrund eines Formfehlers als Bewerber ausscheidet (sofern jemand dieses "kleine Geheimnis" publik macht), ist die Freude in dem kleinen Entdeckerkreis groß.

Doch dann folgt einem an Soliday gerichteten Erpresserbrief, der "ein kleines Geheimnis" gegen ein horrendes Sümmchen aus der Wahlkampfkasse unentdeckt lassen will, ein erster Mord. Als Hauptverdächtiger angeklagt wird: John Soliday. Der Prozess - ein Prozess ohne Schwurgericht auf Richterspruch im Schnelldurchlauf - beginnt.

Offenbar gibt es jedoch mehr als nur ein kleines, süßes Geheimnis. Eine Geschichte aus dem Jahr 1979 tritt zunehmend in das Zentrum der Ereignisse. Am Ende laufen die Fäden an einem ganz anderen Punkt zusammen als vermutet. Es gibt einen Drahtzieher, der bisher - zwar als eine der Hauptfiguren - mehr marginal in Erscheinung trat.

Ganz amerikanisch ist das Ende des Romans - der Wahrheit wird eine Bresche geschlagen. Und Nachilfe kann auf leisen Sohlen nur die Selbstjustiz leisten. - Die gnadenlose, brutal-korrupte Schlipsfraktion steht einigermaßen gleichmäßig beschmuddelt da. Über alle Parteien und Intentionen hinweg. Die Welt der Politik und des Business ist männlich und gemein.

Anstrengend an Ellis' Gerichtsdrama: das immerwährende Präsenz. Das Interessante an diesem Roman: die in ihm entdeckten Details über die juristische Seite amerikanischer Wahlkämpfe (im US-Wahljahr wieder interessant), die Hintergründe, Insiderinformationen amerikanischer Gerichtspraxis. David Ellis schöpft hier aus eigenem Wissensfundus. Er ist Anwalt in einem Chicagoer Rechtsanwaltsbüro - seit kurzem Fizeberater des Sprechers des Repräsentantenhauses von Illinois.

David Ellis debütierte 2002 mit "Line Of Vision" - ebenfalls eine Geschichte, die auf dem Gerichtsparkett spielt. Er erhielt dafür den E. A. Poe Award - für den besten ersten Roman eines amerikanischen Autors. Derzeit schreibt der Autor an seiner nächsten Geschichte, die sich - wie auch anders - ebenfalls im Gerichtssaal abspielen wird. Der Titel: "Jury Of One".

David EllisSympathisch ist der Jurist David Ellis (Bild links!) uns schon wegen seiner Haltung zur Todesstrafe: "If we want to say you cannot take human life, you should not punish that by taking human life, too."



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