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krimirezensionen ab 2003

 

Donna Leon
"Verschwiegene Kanäle"
Diogenes Mai 2004
ISBN 3-257-06390-3
19,90 €

Nomen est Omen

von Barbara Keller


Es ist Spätherbst in Venedig. Und es weht ein rauer Nordwind. In der Kadettenschule San Martino, einer privaten Militärschule, wird der junge Ernesto Moro (17) stranguliert im Waschraum gefunden. Diagnose: Selbstmord. So jedenfalls wollen es die Mitschüler als auch der Comandante der Kadettenschule verstanden wissen. Das Erscheinen der Mordkommission ist bloße Routine. Doch Kommissar Brunettis Ermittlungen laufen gegen eine Wand aus arrogantem Schweigen.

Brunetti mag den Fall nicht zu den Akten legen. Hier scheint irgendetwas nicht zu stimmen. Was treibt den Sohn eines grundehrlichen Expolitikers in eine rechtsorientiert konservative Kadettenschule? Signora Elettra knackt wieder einmal sämtliche geheimen LAN-Systeme für Brunetti und fördert Entscheidendes zutage.

So war Fernando Moro, der Vater des Toten, als einer der wenigen Unbestechlichen noch bis vor kurzem ungeliebter Exponent auf dem politischen Parcours. Zuletzt in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der über die Vergabe von Geldmitteln zur Versorgung des Militärs wacht. Als Moros Frau vor zwei Jahren bei einem Spaziergang im Wald angeschossen wird, ein "Jagdunfall", tritt er von allen Ämtern zurück. - Angeblich leben Fernando und Frederica Moro getrennt. Die einzige Tochter der Beiden ist an geheim gehaltenen Ort untergebracht. So die Recherchen Signora Elettras.

Donna Leon zieht in "Verschwiegene Kanäle" fast ungehalten vom Leder. Gegen die allgemeine Korruptheit italienischer Behörden und italienische Politik, die Macht des Mammons Geld, die Machtgier geheimniskrämernder Männerbünde, die rückständige Immigrationspolitik Italiens - und es gibt einen Seitenhieb auf die amerikanische Regierung Bush. All diese Zweifel, Skrupel, Wut und Trauer - gemildert durch sein intaktes Privatleben - trägt Kommissar Brunetti mit sich während seiner Ermittlungen, die ihn durch das schöne Venedig und zu dem Schluss führen: "That's the way it is."

Ein Schalk, wer im Namen des Protagonisten Moro den "Fall Aldo Moro" (1916-1978) übersieht. Sicher nicht zufällig wählte Donna Leon den Namen des 1978 ermordeten, populären, christdemokratischen Politikers. Die links ausgleichende Politik Aldo Moros hatte seinerzeit viele Feinde im System. Die Rolle der "Propaganda Due" (P2), eine rechtsgerichteten Geheimloge, in diesem Terrorakt kann nicht unterschätzt werden. Silvio Berlusconi ist übrigens Mitglied dieser Loge. Und seine Anlehnung an die USA - wie seinerzeit die Andreottis, der Moro praktisch opferte - offenkundig.

Nachdem Donna Leon sich in ihrem letzten Buch "Die dunkle Stunde der Serinissima" mehr beschaulich dem Thema Bereicherung und Raub an jüdischem Eigentum während des Zweiten Weltkrieges in Italien widmet, geht es in ihrem neuen Buch fast wütend zur Sache. Der Wellness-Charakter - gutes Essen mit Kochanleitung, gediegene Gespräche, harmonisches Familienleben - tritt wohltuend zurück zugunsten der Aktion, sprich Ermittlungen, Reflektion. - Ein spannend zu lesendes Buch, das neugierig macht auf Signora Elettra Hacker-Künste (auf Seite 241 zart angedeutet).

Donna LeonDonna Leon (62) - Amerikanerin, Wahl-Venezianerin - seit 1965 ständig im Ausland lebend, arbeitete als Reisebegleiterin in Rom, Werbetexterin in London und unterrichtete an amerikanischen Schulen in der Schweiz, Iran, China, Saudi Arabien. Derzeit ist sie - wie ihre Romanheldin Paola Brunetti - Dozentin für englische Literatur an einer Außenstelle der Universität von Maryland in einem US-Luftwaffenstützpunkt bei Venedig. Dort lebt sie seit 1981 und schreibt jedes Jahr ein Buch.

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