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aus dem moabiter kriminalgericht


Bankenprozess:
"Ober sticht Unter"


von Barbara Keller

21. Dezember 2005. Kriminalgericht Moabit. 36. Gr. Strafkammer.
Im Untreueverfahren gegen dreizehn Manager der landeseigenen Berliner Bankgesellschaft (BBG) werden derzeit zahlreiche Sachbearbeiter der BerlinHyp gehört. Bisher überwiegen eher die Verdachtsmomente als die handfesten Beweise. - Im Bankenprozess geht es um angeblich ungesicherte Kreditvergaben der BerlinHyp, eine Tochter der BBG, an die AUBIS-Unternehmensgruppe
(*1, *2). Letztere scheiterte in den Jahren 1996/97 mit ihrem Plattenbauengagement in den neuen Bundesländern. Die in den Sand gesetzten Kredite brachten der BerlinHyp Gefährdungen in zweistelliger Millionenhöhe. – Eine erste Zwischenbilanz.
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Fünf Monate sind seit der Eröffnung des Prozesses vergangen. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten, hervorgerufen durch Beweisanträge, die die Rechtmäßigkeit der 35. Großen Strafkammer anzweifelten, ist das Verfahren jetzt doch in Fluss gekommen.

Start mit Zuversicht

Die Erklärungen der Angeklagten und deren Rechtsanwälte lauteten zunächst: "Niemand sah voraus, dass es statt 'blühender Landschaften' entvölkerte Landstriche geben würde" (Ex-Aufsichtsratmitglied Dr. Manfred Bodin) oder: "Herr Blümel musste sich voll und ganz auf die Kreditabteilung und den zuständigen Abteilungsleiter verlassen" (Rechtsanwalt Dr. Stefan König für Ex-Vorstand Gerd-Ulrich Blümel) und: "Mein Mandant hält noch heute seine damaligen Kreditentscheidungen für richtig" (Rechtsanwalt Wolfgang Müllenbrock für den ehemaligen BerlinHyp-Chef Klaus-Rüdiger Landowsky).

Im Zusammenhang mit der in einem Zivilverfahren bereits abgeschmetterten Schadensersatzklage der BerlinHyp gegen ihren ehemaligen Chef Klaus Landowsky waren dann in Flurgesprächen wiederholt Variationen des Satzes "Ich bin zuversichtlich" von Seiten der Angeklagten zu vernehmen. - Wobei sich jedoch, das sei angemerkt, das Urteil des Berliner Kammergerichts nur auf einen Teilkredit bezieht, den die BerlinHyp der AUBIS-Gruppe gewährte.

"Wie ein Minister ..."

Dr. Dirk Hoffmann - er gab drei AUBIS-Krediten seine Zustimmung - war es dann, der der Staatsanwaltschaft eine Gardinenpredigt über Zuständigkeiten von Vorständen und dem Vorstand der BerlinHyp im Besonderen hielt. Wie ein Minister sei ein Vorstand auf seine Zuarbeiter angewiesen, die er zuvor sorgfältig nach Kompetenz auswähle. Bei Kreditentscheidungen komme es daher auf die Kreditvorlage an. Und da sei der Kreditbereich zuständig.

Die Entscheidung selbst brauche gerade einmal eine halbe bis zwei Stunden. Das gehe flott. Noch einmal eine oder zweieinhalb Stunden befasst man sich im Vorstand und dann ist der Beschluss nach zwei bis sechs Wochen durch. Fertig. - Allerdings gab Dr. Hoffmann, bisher an mehr als 4.000 Kreditentscheidungen beteiligt, als stolzer 'Vergleichsminister' auch das passende Stichwort: "Ober sticht Unter", natürlich.

Die andere Seite der Medaille

Weniger auf diese letzte Binsenweisheit als auf ein kompliziertes Filterszenario hebt auch Ex-Vorstand Gerd-Ulrich Blümel ab. Zwei Seelen lebten in der Brust einer Bank, erklärt Rechtsanwalt Dr. König für ihn. Die müssten auch personell getrennt werden. Aquise samt Kreditabteilung und Kreditausschuss seien die eine Seite, die sachliche Prüfung die andere Seite der Medaille.

Diese 'eine' Seite der Medaille ist mit den ersten Zeugenterminen bereits transparenter geworden. Zu hören und zu sehen waren neben Gutachter Dr. Manfred Semmer, dessen Gutachten die Grundlage für die AUBIS-Kreditvergabe war, auch die Leiterin der Bonitätsabteilung, ein Mitarbeiter der Aquiseabteilung, ein Vorstandsassistent und gleich zwei Votierer, die AUBIS-Krediten ihr Votum versagten.

vom politischen Willen geleitet

"Oberflächlich gearbeitet", sagt die Staatsanwaltschaft zu dem Gutachten Dr. Semmers und bekrittelt das ermittelte Kaufpreis-Verkehrswert-Verhältnis, das den Angeklagten in Form der Kreditvorlage in die Augen hätte springen müssen. "Seriös und unabhängig", erwidert die Verteidigung. Die Mandanten seien allein politischem Willen und dem Augenschein gefolgt.

Zuletzt wird jedoch, um mit Altkanzler Helmut Kohl zu sprechen, wichtig sein, "was hinten rauskommt". Und das sind unumstößliche Beweise. Die scheinen eher rar gesät.

Was hinten rauskommt

Zwar votierten die Votierer der Aufsichtsräte von Hans-Wolfgang Steinriede und Dr. Manfred Bodin in der Mehrzahl gegen die AUBIS-Kreditvorlagen. Aber kann ein Aufsichtsratmitglied aus 'geschäftspolitischen Erwägungen' heraus nicht doch ein riskantes Engagement bewilligen? - "Ober sticht Unter".

Zwar konnte die Bonitätsabteilung der BerlinHyp die Liquidität des AUBIS-Unternehmens wegen des Zwischenerwerbermodells nicht beurteilen. Sie bescheinigte aber auch: "Zunächst war AUBIS ein ganz normales Kreditengagement." (Votierers Joachim Zeitz, der mangelndes Eigenkapital und Kreditvolumen in seinem Negativ-Votum kritisierte, über das Vermögen der AUBIS-Unternehmer Klaus-Hermann Wienhold und Christian Neuling: "Wienhold war zu Beginn des Engagements relativ unvermögend. Neuling besaß einige Millionen Nettovermögen.")

"Fahre lieber in Urlaub"

Zwar soll auch "Einzelkämpfer" Peter Haberling, Leiter der Aquiseabteilung (derzeit wegen Depressionen nicht verhandlungsfähig), laut Mitarbeiter Bernd Z. einen 'kritischen Vermerk' zum Engagement verfasst haben. Aber die betreffenden Unterlagen sind nicht mehr auffindbar. Fazit Rechtsanwalt Robert Unger für Ex-Kreditabteilungsleiter H.-D. K.: "Den 'kritischen Vermerk' hat es offenbar nie gegeben."

Am sprechendsten sind die detaillierten Erklärungen des ehemaligen Votierers Joachim Zeitz, der sagt: "Ich weiß bis heute nicht, warum sich die BerlinHyp in dieser Sache so engagierte." Zeitz reichte die zweite AUBIS-Kredit-Vorlage einfach ungelesen zu Hans-Wolfgang Steinriede durch. Der Votierer lehnte das ganze AUBIS-Engagement rundheraus ab.

Übrigens war auch Votierer Johannes R. (68), für Aufsichtsrat Manfred Bodin, vom Geschäft mit der AUBIS-Gruppe wenig angetan. An seine Ablehnung des Kredites für den Kauf von Plattenbauten in Leipzig und Plauen durch die AUBIS im Oktober 1996 kann er sich jedoch nicht mehr erinnern. Überhaupt will der jetzige Rentner mit dieser Sache nichts mehr zu tun haben: "Ich fahre lieber in Urlaub, als mich hier mit dem alten Kram zu beschäftigen", poltert der Hannoveraner unwillig.


Weiter ging der Verfahrensmarathon am 6. Januar 2006. Geladen ist Votierer Busch, den Nachfolger Joachim Zeitz als einen "Erbsenzähler" bezeichnet, der sein Negativvotum zu den AUBIS-Krediten seinerzeit mit "handfesten Argumenten" untermauerte.



NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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Votierer Joachim Zeitz
Joachim Zeitz (62) lehnte die AUBIS- Kredite als Votierer für Aufsichtsrat Hans-Wolfgang Steinriede ab: "Ich sah mich als konstruktiver Begleiter von Herrn Steinriede."

Gutachter Dr. Manfred Semmer
Dr. Manfred Semmer, unabhängiger Gutachter für die BerlinHyp, lieferte das Gutachten zur Kreditvorlage.

Votierer Johannes R.
Kaum noch Erinnerungen: Johannes R. (68) , Votierer für Aufsichtrat Manfred Bodin, gab ein Negativvotum gegen die Oktoberkredite 1996. Seine Kritikpunkte: Rentabilität, Liquidität und geringe Eigenmittel der AUBIS.

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