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aus dem moabiter kriminalgericht


Bankenprozess:
Haftstrafen für die Bankenvorstände


von Barbara Keller

21. März 2007. Moabiter Kriminalgericht, 36. Große Strafkammer.
Bewährungsstrafen für fünf der sechs ehemaligen BerlinHyp-Vorstände, Freispruch für den Aufsichtsrat und den Kreditabteilungschef Hans-Dieter K. (50) - so endete am Mittwoch der über 1 ½ Jahre währende Verfahrensmarathon um die strittigen Kreditvergaben an die AUBIS-Unternehmensgruppe aus den Jahren 1996/97 ('berlinkriminell.de' berichtete eingehend). Rechtsanwalt Wolfgang Müllenbrock kündete für seinen Mandanten Klaus-Rüdiger Landowsky, den ehemaligen BerlinHyp-Vorstandschef, bereits Revision an.
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Urteil, offizielle Pressemeldung (21.03.07)

Fassungslos vernahm Klaus-Rüdiger Landowsky, hörten die ehemaligen Vorstände der BerlinHyp am 21. März 2007 das Urteil der 36. Strafkammer, verkündet durch den Vorsitzenden Richter Josef Hoch. Ganz sicher hatte der damalige Vorstandschef der BerlinHyp nicht mit diesem Urteil gerechnet. Der Urteilsbegründung folgte Klaus-Rüdiger Landowsky mit geschlossenen Augen, wiederholt resigniert den Kopf schüttelnd. - Von der Turmstraße herauf störten Sprechchöre empörter Bankenskandalaktivisten empfindlich die Urteilsverkündung.

16 Monate Haft hieß es am 21. März 2007 für den Vorstandschef Klaus Rüdiger Landowsky, für den ressortzuständigen Vorstand Klaus Jürgen Noack (71) und für den Vorstand Gerd-Ulrich Blümel (59). Zwölf Monate Haft auch für die Vorstände Heinz Wehling (70) und Horst Büttner (69). - Alle Haftstrafen bezogen auf die Kreditvergabe vom 18. November 1996 über rund 16,5 Mio. Euro, alle ausgesetzt auf eine Bewährung von zwei Jahren. Vorstand Dr. Dirk Hoffmann, dessen damalige Kreditzustimmung sich mit seinem ersten Arbeitstag bei der BerlinHyp überschnitt, kam mit einem 'in dubio pro reo' davon...

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Interview mit Carsten Reckzeh
(ehem. BerlinHyp Aufsichtsrat)

Was sagen Sie zu dem Urteil?

Carsten ReckzehIch habe nach der Beweiserhebung mit einem Freispruch für mich und die anderen Angeklagten gerechnet. Allerdings sind mir nach dem Antrag der Staatsanwaltschaft im Dezember 2006 Zweifel gekommen, da der Prozess auch durch die Medienberichterstattung stark politisch belastet war. Inwieweit die Verurteilung der fünf Vorstandsmitglieder zum Fall Plauen II gerechtfertigt ist, kann ich nicht beurteilen. In dieser Sache war ich nicht involviert.

Wie fühlen Sie sich nach diesem Urteil, nach mehr als 1 ½ Jahren Prozessdauer?

Die Anklage und die lange Prozessdauer haben mich und meine Familie sowohl psychisch als auch physisch sehr stark belastet. Nach der Hausdurchsuchung im Jahr 2003 haben sich bei mir gesundheitliche Störungen eingestellt. Schlafstörungen, Magenprobleme, Haarausfall... Ansonsten fühle ich mich natürlich erleichtert und meine Familie natürlich auch. Wahre Freunde und gute Bekannte haben mich erfreulicher Weise immer unterstützt, wieder aufgebaut und zu mir gestanden. Die ganze Angelegenheit muss jedoch erst einmal sacken und das 'normale Leben' wieder einkehren.

Herr Reckzeh, Sie vertraten mit Frau Heidrun Schmidt-Passarge die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat. Wie wird, ist man Aufsichtsrat einer Bank?

Die Arbeitnehmervertreter für den Aufsichtsrat werden - mit Ausnahme der leitenden Angestellten - von den Beschäftigten gewählt und in den Aufsichtsrat entsandt. Der Aufsichtsrat selbst besteht aus zwölf Mitgliedern, von denen acht von den Anteilseignern bestimmt werden. Die anderen vier sind Arbeitnehmervertreter - nach der so genannten Drittelparität.

Die Aufsichtsratstätigkeit könnte man als 'Ehrenamt' umschreiben. Trotzdem oder gerade deshalb wurde das Amt mit großer Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit wahrgenommen.

Es gab für die Arbeitnehmervertreter eine Aufsichtsratstantieme, solange es der Bank gut ging. Es war bei uns im Haus (Bankteil Hannover) jedoch seit Jahrzehnten Usus, dass diese vollständig an die Belegschaft weitergegeben wurde. Mein jährlicher Anteil betrug somit im Jahr rund 450,00 Mark. Wie für jeden anderen Mitarbeiter auch.

Welche beruflichen Anforderungen werden an einen Aufsichtsrat gestellt?

Das Aktienrecht schreibt hier keine exakten Normen vor. Man muss aber als Arbeitnehmer wie jedes andere Aufsichtsratsmitglied auch seine Pflichten nach dem Aktiengesetz erfüllen und sich gegebenenfalls entsprechendes Know-How durch Weiterbildung aneignen. - Ich bin seit fast 23 Jahren in dieser Bank überwiegend im Sanierungs- und Abwicklungsbereich beschäftigt; habe aber auch längere Zeit in der Kreditabteilung - heute 'Marktfolge' - Kreditengagements betreut.

Wie viel Kontakt hatten Sie als Aufsichtsrat zu anderen Aufsichtsräten und zum Vorstand? Trafen Sie beispielsweise Vorstandschef Klaus-Rüdiger Landowsky oder Vorstand Klaus Jürgen Noack täglich, zumindest auf dem Flur?

Es gab zu den anderen Aufsichtsratsmitgliedern zu den turnusmäßigen, nach der Geschäftsordnung festgelegten Sitzungen Kontakt. Anderweitige Begegnungen waren eher selten. - Mit dem zuständigen Ressort-Vorstand (Klaus Jürgen Noack d. R.) hatte ich im Rahmen meines Tätigkeitsbereiches zu tun; darüber hinaus auch mit dem Vorstandsvorsitzenden in meiner Funktion als Betriebsratsvorsitzender der Bank. - Die Bank, mit 1995 circa 450 Mitarbeiten, war allerdings wie eine Familie. Jeder Sachbearbeiter hatte direkten Zugang zum Vorstand.

Kann der Vorstand auch über die Köpfe des Aufsichtsrates hinweg ein Projekt 'durchdrücken'?

Carsten ReckzehDass der Vorstand über die Köpfe des Aufsichtsrates hinweg ein Projekt durchdrückt, halte ich kaum für denkbar. - Eine Aufsichtsratstätigkeit ist nur auf einer Vertrauensbasis mit dem Vorstand möglich. In einem solchen angedachten Fall wäre dieses nicht mehr gegeben und würde Konsequenzen nach sich ziehen.

Ihnen wurde vorgeworfen, an einem der vier strittigen Beschlüsse zur Kreditvergabe an AUBIS beteiligt gewesen zu sein. Hielten Sie das AUBIS-Engagement der BerlinHyp für etwas Besonderes?

Ich habe mich mit der Sache - wie auch in meinen Einlassungen vor Gericht (insbesondere im Oktober 2006) vorgetragen - im Rahmen meiner Aufsichtsratstätigkeit sehr pflichtgemäß anhand der Beschlussvorlage des Vorstandes vom 17.07.1997 beschäftigt. Und habe dann nach Abwägung zum Wohle der Bank mein bekanntes Statement abgegeben.

War Ihnen bekannt, dass Herr Landowsky gemeinsam mit den AUBIS-Kreditnehmern und Parteifreunden Klaus Wienhold und Christian Neuling das "Zwischenerwerbermodell" entwickelt hatte, auf dem das Engagement beruhte und dem Bundesbauminister Töpfer (CDU) mit einer Gesetzesnovelle den Weg ebnete?

Die von Ihnen geschilderten politischen Hintergründe waren mir bisher nicht bekannt.

Herr Reckzeh, es drängt sich im Zusammenhang mit der Urheberschaft des Zwischenerwerbermodells sowie der 'zeitnahen' CDU-Spende der beiden CDU-Freunde von Herrn Landowsky doch auf, Vorstandschef Landowsky könne das Projekt in der BerlinHyp 'lanciert' haben. - Wurden die AUBIS-Kredite in der BerlinHyp als Chefsache gehandelt?

Die Kredite wurden nach der Beweiserhebung im Prozess entsprechend der Bankorganisation behandelt. - Dass Landowsky Einfluss genommen hat, kann ich mir nicht vorstellen. Das war nicht seine Art und habe ich so nicht erlebt. Politik spielte in den Aufsichtsratsitzungen keine Rolle.

Was halten Sie heute von dem AUBIS-Engagement? Würden Sie heute etwas anders machen?

Eine Nachbetrachtung oder Bewertung des Plattenbauprojektes/AUBIS-Engagements aus heutiger Sicht ist hypothetisch und macht keinen Sinn.

Sie sind als einziger der Angeklagten beschäftigt. Sie arbeiten noch immer bei der BerlinHyp. In welcher Funktion?

Ich bin nach wie vor als Sachbearbeiter der Bank im Bereich Sanierung/Abwicklung tätig.

Wie hat Ihr Arbeitgeber - sie mussten 1 ½ Jahre oftmals zweimal wöchentlich ihre Tage vor Gericht verbringen - das verkraftet?

Die Bank hat mich dankenswerter Weise für die Prozesstage und notwendigen Anwaltstermine bezahlt freigestellt. Durch erhebliche Mehrarbeit konnte die Beeinträchtigung des Arbeitgebers in Grenzen gehalten werden.

Fünf Jahre Ermittlungen, Hausdurchsuchungen, finanzielle Belastungen, Sie haben Frau und Kind. Wie hat das Verfahren Sie privat beeinflusst?

Die Familie hat natürlich gelitten. Zum einen hat meine Frau die Sorge, wie das Verfahren ausgehen mag, welche Konsequenzen entstehen könnten und die Existenzangst 'wird der Arbeitgeber mich mit einer Bewährungsstrafe noch weiter beschäftigen' mit mir geteilt. Zum anderen hat sie sich auch verstärkt um meine Gesundheit gesorgt. Außerdem kam und kommt erschwerend hinzu, dass ausgerechnet in der Prozessphase aufgrund der geschäftspolitischen Veränderungen - Abbau des Standorts Hannover, Versetzung nach Berlin - die Führung einer Wochenendehe notwendig wurde und jeder von uns in der Woche mit seinen Gedanken und Problemen ziemlich allein gewesen ist. Die Wochenenden waren dann viel zu kurz, um das alles 'abzuarbeiten', zumal auch meine kleine Tochter (heute fünf Jahre alt) dann noch verstärkte Ansprüche an mich gestellt hat.

Das Gericht hat Sie heute frei gesprochen. Werden Sie feiern, fürchten Sie eine Revision der Staatsanwaltschaft?

Mir bleibt nur, abzuwarten, inwieweit die Staatsanwaltschaft Revision einlegt. Beruflich wird sich aufgrund des für mich positiven Ausgangs des Prozesses wohl keine Änderung ergeben. Privat wollen wir uns jetzt erst einmal auf einen schönen erholsamen Urlaub freuen und lange Vernachlässigtes aufarbeiten beziehungsweise nachholen.

*emaliger Aufsichtsrat der BerlinHyp

NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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K.-R. Landowsky
Klaus-Rüdiger Landowsky. -
16 Monate Haft für den ehemaligen BerlinHyp-Vorstandschef, der bereits Revision ankündigte.

Gerd-Ulrich Blümel
Dasselbe Strafmaß auch für den ehemaligen Vorstand Gerd-Ulrich Blümel...

Klaus Jürgen Noack
... und den ehemaligen Vorstand Klaus Jürgen Noack.

Horst Büttner
und Horst Büttner erhielten eine Haftstrafe von einem Jahr.

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