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Zugaffen und Wegsehen
BVG-Busfahrer verweigerte blutüberströmtem Gewaltopfer die Hilfe


von Barbara Keller

07. Juni 2007. Amtsgericht Tiergarten. Abtlg. 232a
Der Musik- und Waldorflehrer Andreas G. (41) wird im Herbst letzten Jahres an der Bushaltestelle Cautiusstraße (Hakenfelde/Spandau) nachts Opfer eines Raubüberfalls. Ein junger Mann vermutlich arabischer Herkunft bittet ihn um Feuer und versetzt ihm unvermittelt mehrere Faustschläge ins Gesicht. Einer der Hiebe verursacht einen offenen Nasenbeinbruch. Der just in diesem Augenblick gegenüber mit seinem Bus eintreffende BVG-Fahrer Burkhard M. Zu N. (48) lässt den um Hilfe Bittenden jedoch stehen und verweigert ihm jegliche Hilfe. Ungehalten erklärt er: "Für solchen Quatsch habe ich keine Zeit."

Menschen mit Empathie und Zivilcourage sind eine seltene Spezies. Stellen Sie sich vor, es ist heller Tag. Sie laufen die Straße entlang, ein seltsamer Vogel mit wehendem, militärgrünem Regenmantel schlingert an ihnen vorüber. Sie haben kaum 'komisch' gedacht, schon knallt Ihnen von hinten eine Pranke auf die Schulter. Eine scharfe Stimme kommandiert: "Sie sind verhaftet!"

Sie drehen sich um. Klaro, der Regenmantelmann! Sie lachen. Doch schon saust seine Faust gegen Ihre Schulter: "Sie sind verhaftet!" Es besteht kein Zweifel: er meint es ernst. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite bildet sich sofort eine Gaffermenge. Ein Mädchen, vielleicht zehn Jahre alt, ruft mitfühlend herüber: "Ziehen Sie die Schuhe aus und rennen Sie weg!"

Laufen Sie weiter...

Sie reißen sich los, schleudern die unbequemen Clocks von sich und rennen los. Hinter Ihnen das Gespenst, das Ihnen wild mit den Armen rudernd folgt. Sie spurten durch weite Straßen, enge Gassen, springen durch Menschengruppen. Endlich haben Sie 30 Meter Abstand zwischen sich und den Irren gebracht. Vor einem Lampenladen sprechen Sie atemlos einen kräftig gebauten Mann an: "Bitte helfen Sie mir. Ich werde verfolgt."

Doch der stämmige Kerl mustert nur kurz Ihren seltsamen Verfolger und rät Ihnen emotionslos: "Laufen Sie weiter!" Schließlich gelingt es Ihnen, unbemerkt in einem Spielzeugwarengeschäft zu verschwinden. Als Sie es zitternd wagen, den Kopf durch den Türspalt zu stecken, steht der Verrückte auf der Kreuzung und regelt den Verkehr. Sie rufen die Polizei.

Hilf dir selbst...

Ein Erlebnis aus dem Repertoire der Autorin. "Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott". - Ähnliches widerfuhr Andreas G., Musiklehrer an einer Spandauer Waldorfschule im Herbst vergangenen Jahres.

Es ist gegen 23:45. Andreas G. sitzt in einem Wartehäuschen der BVG. Er war mit Freunden Essen. Er hält seine Gitarre in der Hand, hängt seinen Gedanken nach, als ihn "eine halbe Portion, vielleicht arabischer Herkunft" - wie er sagt - um Feuer bittet. Doch urplötzlich schlägt der junge Mann auf ihn ein, um ihn auszurauben. Vier gezielte Faustschläge ins Gesicht.

Andreas G. erleidet einen offenen Nasenbeinbruch. Das Blut rinnt ihm in Strömen auf sein weißes T-Shirt. Da rollt auf der gegenüberliegen Straßenseite der BVG-Bus mit Burkhard M. Zu N. als Fahrer ein. Der verletzte Musiklehrer rennt hinüber, klopft an die Scheibe der Fahrerseite, ruft um Hilfe. Burkhard M. Zu N. sieht ungerührt zu ihm hinunter.

Keine Zeit für solchen Quatsch

Und als Andreas G. vor den Bus läuft, um auf der anderen Seite einzusteigen, im Inneren des Busses Schutz zu suchen, gibt Burkhard M. Zu N. Gas. Andreas G. rettet sich mit einem Sprung zur Seite. Zehn bis 15 Fahrgäste werden Zeuge dieses dramatischen Vorgangs.

Zehn Minuten später, der Täter ist mit der Gitarre geflüchtet, kehrt der Bus fahrplanmäßig von der nahen Kehre zurück. Noch immer ist Burkhard M. Zu N. der Fahrer. Er lässt sich von dem blutüberströmten Überfallopfer den Fahrausweis zeigen und nimmt dessen Bitte um Hilfe mit dem Bemerken entgegen, dass er dazu keine Veranlassung sehe. "Für solchen Quatsch habe ich keine Zeit!", patzt er herum.

Mit offenem Nasenbeinbruch

Und dann setzt er noch Eins drauf und droht dem Verletzten mit Rausschmiss: "Wenn Sie nicht freiwillig aussteigen, dann helfe ich Ihnen dabei. Dann lohnt sich der Weg ins Krankenhaus wenigstens." - Schließlich trifft die Polizei, herbeigerufen durch einen Zeugen, dann doch am Tatort ein und übernimmt korrekt und umsichtig die Regie. Andreas G. kommt ins Krankenhaus, wo sein Nasenbeinbruch gelasert wird. Heute ist nichts mehr von der einst brachialen Wunde zu sehen.

Später erstattet der ansonsten friedliebende, ruhige Mann Anzeige gegen den Busfahrer wegen unterlassener Hilfeleistung. Es ist die erste Anzeige in seinem Leben gegen irgendjemanden, sagt er. Fassungslos erklärt Andreas G.: "Dass die BVG solche Menschen beschäftigt!"

Plötzlich ist der Angeklagte verschwunden

Am Tag der Hauptverhandlung am Amtsgericht Tiergarten am 7. Juni 2007 ist ein aufgeregter Burkhard M. Zu N. zu erleben. Mit einer solch überwältigenden Medienpräsenz hatte der herzlose Busfahrer nicht gerechnet. - Erregte Gespräche mit seinem viel zu spät eintreffenden Rechtsanwalt, ein wildes Hin- und Her. Und plötzlich ist der Angeklagte verschwunden.

Aus Furcht, die Titelblätter der Bunten zu zieren, zieht er es vor, auf erklärende Einlassungen zu verzichten und auf "gut Glück" einen Strafbefehl zu kassieren. In Abwesenheit des Angeklagten verurteilt daraufhin das Gericht Burkhard M. Zu N. wegen unterlassener Hilfeleistung zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen á 30 Euro. Das entspricht ungefähr dem Monatsgehalt des Verurteilten.

BVG-Pressesprecher Klaus Wazlak erläutert den Journalistenkollegen, in der Absicht, den Flurschaden für das Image der BVG gering zu halten: "Burkhard M. Zu N. genießt einen einwandfreien Leumund." Zudem sei der Verurteilte selbst im Dienst vor drei Wochen Opfer einer Tätlichkeit geworden.

Erklärt das aber die arrogante Herablassung des Verurteilten gegenüber dem verletzten Andreas G.? Der sagt: "Nein!" und entgegnet: "Gerade dann hätte er ja sensibel sein müssen!"

Disziplinarische Maßnahmen gegen den Verurteilten, so war von BVG-Pressesprecher Klaus Wazlak zu hören, behalte sich die BVG vor. Weitere Angaben hierzu wollte er jedoch nicht machen.


NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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BVG-Busfahrer Burkhard M. Zu N.: verurteilt wegen unterlassener Hilfeleistung


Mit eingeschlagener Nase bat Musiklehrer Andreas G. den Busfahrer um Hilfe. Doch der fuhr weiter und verweigerte ihm die Hilfe.

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