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aus dem moabiter kriminalgericht


Schwerer Raub - Bewährung erstritten


von Barbara Keller

12. Februar 2008. Moabiter Kriminalgericht. 1. Gr. Strafkammer.
Am Sonnabend, den 7. Mai 2005, mischt Sven P. (26) seinem ihn beherbergenden Neuköllner Bekannten Willi R. das Schlafmittel Doxylamin in den Tee, um ihn auszurauben. Der Coup gelingt, Sven P. erbeutet 230 Euro. Sein Opfer Willi R. erstattet noch am selben Abend Anzeige, als er zwei Stunden danach erwacht und den Diebstahl bemerkt. Ein Jahr später verurteilt eine Moabiter Strafkammer Sven P. wegen schweren Raubes zu neun Monaten Haft ohne Bewährung. Mit seiner Revision gegen das Urteil im Punkt der Bewährungsversagung ist Sven P. am 12. Februar 2008 erfolgreich.


Sven P., mehrfach mit Geldstrafen wegen Diebstahls und Hehlerei vorbestraft, ist nicht gerade einer der Stabilsten. Eltern geschieden, im Heim aufgewachsen, Hauptschulabschluss, eine abgebrochene Hausmeisterausbildung, eine gekündigte Stelle als Maler und Lackierer, blickt er auf eine weniger glanzvolle Kindheit und Bilanz zurück.

Anfang Mai 2005 scheint Sven P. alles egal zu sein. Seine Freundin, mit der und deren zwei Kindern er zusammenlebt, schmeißt ihn raus. Sie hat einen anderen. Zunächst wohnt Sven P. bei einem Cousin, später bei dem gutmütigen Willi R. Als der damals Arbeitslose Sven P. dringend Geld benötigt, beschließt er, seinen Gastgeber auszurauben.

Am Sonnabend, den 7. Mai 2005, mischt er ihm das Schlafmittel Doxylamin in den Tee und nimmt die unter dem Kopfkissen verwahrten Ersparnisse des Mannes - 230 Euro - an sich. Sven P. leidet zu der Zeit an Schlaflosigkeit und hat das Medikament gerade vorrätig. Doch als der so betrogene Willi R. zwei Stunden später aufwacht und den Raub entdeckt, erstattet er aufgeregt Anzeige.

Am 26. Juni 2006 verurteilt eine Berliner Große Strafkammer Sven P. wegen schweren Raubes zu neun Monaten Haft ohne Bewährung. Die Versagung der Bewährung begründet sie mit einer schlechten Sozialprognose. Auf die Revision des Verurteilten jedoch hebt der Bundesgerichtshof am 10. Januar 2007 das Urteil auf und erklärt die Begründung der Berliner Strafkammer für die Bewährungsversagung als "nicht ausreichend".

Noch ein Jahr vergeht und Sven P. hat sich ein zweites Mal in dieser Sache vor einer Berliner Strafkammer zu verantworten. Auch am 12. Februar 2008 ist der etwas windig wirkende Sven P. reuig und geständig. In der Zwischenzeit, drei Jahre sind seit der Tat vergangen, hat er sich bei seinem Bekannten zumindest brieflich entschuldigt. Die 230 Euro ist er seinem damaligen Gastgeber jedoch noch immer schuldig.

Sven P. wird nicht müde, der Strafkammer eine rosa Aussicht auf seine gute Sozialprognose auszumalen. Derzeit arbeitet Sven P., den seine Freundin wieder aufgenommen hat, in einer MAE-Stelle (Mehraufwandsentschädigung, sprich: einem Ein Euro Job), in deren Anschluss eine Mechaniker-Ausbildung bei der Zukunftsbau GmbH stehen soll. Die viereinhalb Monate Haft hätten auf ihn, dem bislang nur zu Geldstrafen Verurteilten, einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Auf die Anfrage des Vorsitzenden Richters, ob er denn nun auch den Schaden gut machen könnte, antwortet Sven P.: "Ich kann. Wir haben ein bisschen was auf die Kante gelegt."

"Auf die Kante gelegt" hat allerdings offenbar eher die Freundin von Sven P., die den Arbeitslosen auch finanziell unterstützt. Egal, das Geld, so Sven P. eilfertig, kann sofort fließen. Staatsanwaltschaft und Strafkammer zeigen sich beeindruckt. In seinem Plädoyer hofft Ersterer, dass sich der Angeklagte die neun Monate Haft eine Warnung sein lässt, beantragt Aussetzung der Bewährung und als Bewährungsauflage die Rückzahlung des gestohlenen Geldes innerhalb von zwei Monaten.

Das Urteil lautet schließlich neun Monate Haft, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung. Mit der Auflage, innerhalb eines Monats 250 Euro an den Geschädigten zu zahlen. In der Urteilsbegründung heißt es, Sven P., der seinerzeit alles "schleifen ließ", weil seine Freundin ihn rausschmiss, hätte sich nach seiner Verurteilung vor anderthalb Jahren "zusammengerissen", die Haftstrafe offenbar seine Wirkung getan.

Wegen des verlustig gegangenen Portemonnaies von Willi R. schlug die Strafkammer auf die zur Diskussion stehenden 230 Euro noch 20 Euro drauf. - Sven P. atmet erleichtert auf und erkennt ohne Wenn und Aber das Urteil an. Womit es noch am selben Tag rechtskräftig wird.


NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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Tat seinem gutmütigen Wirt Willi R. das Schlafmittel Doxylamin in den Tee, um ihm in aller Ruhe die unter dem Kopfkissen verborgenen Ersparnisse rauben zu können. Sven P. erstritt sich in erfolgreicher Revision die Bewährung.

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