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aus dem moabiter kriminalgericht


Mordprozess Monika de M.:
"ein Fehlurteil zu viel"


von Barbara Keller

09. April 2008. Moabiter Kriminalgericht. 29. Große Strafkammer.
Am 26. Januar 2005 verurteilt die 22. Große Strafkammer des Berliner Landgerichts unter Vorsitz von Richter Peter Faust die Arzthelferin Monika de M. zu einer lebenslangen Haftstrafe. Der Vorwurf: die 49-Jährige soll aus Gründen der Habgier ihren Vater Theo de M. (76) mit Benzin übergossen, angezündet und einen Vollbrand ausgelöst haben, um eine Versicherungssumme von 200.000 Euro zu kassieren. Die Verurteilte beteuerte von Beginn an ihre Unschuld. Drei Jahre nach diesem Urteil spricht nach erfolgreicher Revision eine andere Berliner Strafkammer Monika de M., die bereits zweieinhalb Jahre unschuldig einsaß, frei: der Brand war, das ist nun erwiesen, ein Unglück.
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Am heutigen Tag sprach die 29. Strafkammer unter Vorsitz von Richterin Angelika Dietrich Monika de M. (53) vom Vorwurf des Mordes frei. Sie schloss sich den Erkenntnissen der einzigen Zeugin des zwei Tage währenden Verfahrens, der Brandsachverständigen Silke Löffler vom Bundeskriminalamt (BKA), an.

Diese hatte erklärt, eine Brandstiftung fand nicht statt. Am wahrscheinlichsten sei ein Schwelbrand, ausgelöst durch eine Zigarette im Bettzeug des Opfers. Damit widersprach sie den Untersuchungsergebnissen hiesiger Brandsachverständiger vom Landeskriminalamt (LKA), die in erster Instanz eine Brandstiftung durch das Auskippen von Brennspiritus in großen Mengen über das ganze Haus verteilt diagnostiziert hatten.

'lebenslang' - die Premiere

Das Urteil vom Januar 2005, übrigens das erste der beiden auf "lebenslang" lautenden Urteile in der Karriere des angesehenen Richters Peter Faust, geriet nicht gerade zu einem Meisterstück seiner Kammer. So waren während des Prozesses Brandverlauf und Analyseverfahren der Berliner Ermittler schwer umstritten.

Doch die Kammer, wie es schien, vom Beginn des Prozesses an auf die Schuld der Angeklagten eingestimmt, zimmerte eine Indizienkette zusammen, die, gelinde gesagt, so als auch anders funktionierte und ihr Ergänzungsstück in den umstrittenen Sachverständigenurteilen des LKA fanden.

Leben verpfuscht

Heute war nach dem Plädoyer der Verteidigung, vertreten durch Rechtsanwalt Lutz Körner (52), nach einer einstündigen Beratungspause des Gerichts das Urteil zu hören. Lutz Körner, der noch einmal die Problematik des Verfahrens in erster Instanz aus dem Jahr 2003/04 skizzierte, forderte für seine Mandantin einen Freispruch "erster Klasse".

"Das Leben der Angeklagten ist verpfuscht", begründete Körner. Die Krankenschwester, die 27 Jahre in derselben Praxis arbeitete und von ihren Patienten 'vergöttert' wurde, habe kaum Aussicht auf eine Festanstellung. Seit Juli 2006 befände sich Monika de M. in psychischer Behandlung. Rechtsanwalt Lutz Körner sagt: "Meine Mandantin ist fix und fertig mit den Nerven." Auch wenn sie "mit scheinbar stoischer Mine dasitzt".

'fix und fertig mit den Nerven'

Konsequenzen gegen die umstrittenen Methoden der LKA-Sachverständigen Dr. Karel Allin und Egon Burrasch legte Anwalt Körner in die Hände der Behörden und forderte im gleichen Atemzug ein Vorgehen gegen deren 'Kaffeesatzlesen', das bereits so viel Unheil anrichtete. Damit wies er auf die bekannten vier Berliner Fehlurteile hin, die auf den Gutachten der genannten Sachverständigen fußten.

Wenig überraschte schließlich das Urteil der 29. Strafkammer. Freispruch, natürlich. Unerwartet war jedoch die Klarheit, mit der die Schwurgerichtskammer den Ausführungen der Zeugin Löffler vom BKA folgte. Bezugnehmend auf die Urteilsbegründung aus erster Instanz und dem in ihr skizzierten Tathergang erklärte die Vorsitzende Richterin Angelika Dietrich schlicht: "Diese Tathandlung ist nicht feststellbar."

Die kompetente, sachkundige Gutachterin vom BKA Wiesbaden habe, so die Richterin, einen Schwelbrand, ausgelöst durch eine brennende Zigarette, nicht nur für wahrscheinlich, sondern bestimmt gehalten.

'das war falsch'

Deutliche Kritik ging nicht nur an die Ermittler des LKA, sondern auch an die 22. Strafkammer. Während sich die Sachverständigen zu schnell zu einer einseitigen Interpretation hätten hinreißen lassen, habe das zuständige Schwurgericht die kritische Aufarbeitung der Sachverständigenvorlagen missen lassen.

Zwar könne ein Gericht nur so gut sein wie seine Sachverständigen, aber, so Richterin Dietrich: "Das Gericht darf den Sachverständigen nicht blind folgen." "Die 22. Strafkammer hat sich auf die Sachverständigen verlassen. Das war falsch."

'...das ist man mir schuldig"

Als der für die Angeklagte entscheidende Satz fiel, "auf den Zweifelsgrundsatz will sich die Kammer jedoch nicht zurückziehen", rollte Monika de M. hörbar ein Stein vom Herzen. Unschuldig. Dieses Urteil hatte sie sich in ihrem letzten Wort erbeten. "Das ist man mir schuldig", erklärte sie leise trotzig und bedankte sich bei ihrer Familie, dass sie all die schweren Jahre zu ihr standen.

Die Vorsitzende Richterin Dietrich zeigte sich zufrieden darüber, dass das Rechtssystem, das durch das Fehlurteil in erster Instanz in die Kritik geraten sei, "hier nun doch gegriffen" habe. Aber, so setzte die Vorsitzende Richterin nach: "Jedes Fehlurteil ist eines zu viel."

Medienecho auf Neuverhandlung in der Sache Monika de M.
(3./4.4.08/8.4.08)


NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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Freispruch 'erster Klasse' erbat sich Monika de M. (li.). "Das ist man mir schuldig", stammelte sie in ihrem letzten Wort. Hier glücklich nach der Urteilsverkündung mit ihrer Schwester Marion und ihrem Sohn 'Monty'.



Die Vorsitzende Richterin Angelika Dietrich sprach im Namen der Schwurgerichts-
kammer Monika de M. vom Vorwurf des Mordes frei und erklärte mit Bezug auf das in erster Instanz ergangene Fehlurteil: "Die 22. Strafkammer hat sich auf die Sachverständigen verlassen. Das war falsch."


Rechtsanwalt Lutz Körner kritisierte in seinem Plädoyer für Monika de M. die Arbeitsweise der Brandsachver-
ständigen des LKA und legte "weitere Konsequenzen in das Ermessen der Behörden."


Setzte Himmel und Hölle für seine Schwägerin Monika de M. (re.) in Bewegung: Rudolf Jursic. Er fordert eine öffentliche Aufklärung der verfehlten LKA-Methoden und geht deshalb als Nebenklagever-
treter trotz Freispruch in Revision.

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