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aus dem moabiter kriminalgericht


"Mach die Alte weg"
Auftrag zum Gattinnenmord, die Zweite

Tragische Fehlbelegung in der JVA Tegel förderte zweiten Mordauftrag

von Barbara Keller

13. Februar 2009. Moabiter Kriminalgericht. 40. gr. Strafkammer.
Zum zweiten Mal startete Gerd W. (57), der bereits am 27. Februar 2006 wegen versuchter Anstiftung zum Mord an seiner Ehefrau zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde, den Versuch, seine jetzige Ex-Frau Renate W. aus der Welt schaffen zu lassen. Der rechtskräftig verurteilte Maschinenbaumeister und nicht unvermögende Leiter zweier Obdachlosenpensionen beauftragte den unter anderem wegen Anstiftung zum Mord lebenslang einsitzenden Helmut B. (49), alias Helmut S., mit der Umsetzung dieser Tat. Helmut B., den Gerd W. in der Teilanstalt III (TA III) kennenlernte, soll ihn zu dieser Tat gedrängt, schließlich aber verpfiffen haben. Als Erstverbüßer war Gerd W. in der unwirtlichen TA III eine völlige Fehlbelegung.

Prozess vom 18. Januar 2006

Bereits am frühen Abend des 10. März 2005 sollte Ehefrau Regina W. in der Hellersdorfer Pension "Bismarck" durch die Hand eines Auftragsmörders ihr Leben verlieren. Gerd W., der sich von seiner Frau unterdrückt, eingeengt und gedemütigt fühlte und den aufgestauter, 'kalter Hass' leitete, fuhr mit seinem Wagen pünktlich vor, den gut prämierten Sondereinsatz vor Ort 'abzunehmen'. Doch der nach Jahren vergeblichen Mühens gefundene Auftragnehmer Mario H. (36) verständigte die Polizei und ging in Zusammenarbeit mit dieser nur zum Schein auf das Angebot ein. ('berlinkriminell.de' berichtete)

Am 27. Februar 2006 war Gerd W. noch einmal glimpflich mit einer Haftstrafe von nur fünf Jahren davongekommen. Der Vorsitzende Richter Ralph Ehestädt appellierte in seiner Urteilsbegründung damals an den Verurteilten: "Freuen Sie sich, dass Sie heute nur fünf Jahre Haft bekommen haben und dass Ihre Noch-Ehefrau noch unter uns weilt!"

Freuen Sie sich

Dieser Appell und alle guten Worte verloren offenbar spätestens im Januar 2007 für Gerd W. ihren Glanz, als er in den geschlossenen Vollzug überführt wurde. Zunächst haftverschont hatte sich Gerd W. am 6. November 2006 brav in der JVA Hakenfelde gemeldet. Doch für ihn ungünstig ausgefallene Explorationen durch eine Psychologin brachten Gerd W. in den geschlossenen Vollzug.

Dass Gerd W. am Neujahrstag 2007 ausgerechnet in der Teilanstalt III, dem Bereich für hartgesottene Langstrafer, landete, war für den zurückhaltenden, passiven Mann sicher nicht nur ein zusätzlicher Schock, sondern wurde ihm auch zum Verhängnis. Denn dort lernte er Helmut B. kennen, der unter anderem wegen Anstiftung zum Mord eine lebenslange Freiheitsstrafe absitzt. Als Erstverbüßer hatte Gerd W. allerdings auf der Station für lebenslang Einsitzende nicht viel zu suchen. (Zu den Verhältnissen in der TA III lesen Sie "Schutzgelderpresser in der JVA Tegel")

Im Haifischbecken

Helmut B. ("Helle"), der auf seiner Station der King ist und sich auch als solcher fühlt, hat bald heraus, dass bei "Gerdchen" etwas zu holen ist. Und dass sie etwas gemeinsam haben: die Verurteilung auf Anstiftung zum Mord. Doch Helmut B., der mit der dritten Heirat und seit der Wende den Namen des fünften deutschen Bundeskanzlers trägt, darf damit pfunden, dass alle seine Aufträge, darunter der Mord an der 16-jährigen Nicole B. auch umgesetzt wurden. Nicole B., die geschunden und missbraucht mit einem Trabimotor beschwert im Caputher See endete, weil sie für den Bordellbetreiber Helmut B. nicht arbeiten wollte.

Vielleicht hat der gebürtige Schweriner Helmut B., dessen kriminelle Karriere mit der Wende als Helmut S. an Fahrt gewinnt und der 1990 bis 1992 in Kroatien später wohl auch in Afrika als Söldner "ein paar Abenteuer" erlebte (wie er sagt) sich ja gebrüstet: hättest du mich beauftragt, wär das Ding gelaufen. Und vielleicht hat Gerd W., beeindruckt oder auch eingeschüchtert vom großen Zampano in einen erneuten Mordversuch an seiner nun von ihm geschiedenen Frau eingewilligt.

Der Vollstrecker, die Falle

So sieht es jedenfalls die 40. große Strafkammer in ihrem am 13. Februar 2009 gefällten Urteil. Danach bot Gerd W. seinem Knastkumpel Helmut B., der noch nach einer lukrativen Altersversorgung Ausschau hielt, eine seiner beiden Obdachlosenpensionen für 400.000 Euro zum Kauf an mit 150.000 Euro Erlass als Honorar für die Tat, die Ermordung seiner ehemaligen Frau.

Doch auch Helmut B., der nach Aussagen eines Mitgefangenen streckenweise mit der AG Sicherheit der JVA Tegel zusammenarbeitet, geht wie sein Vorgänger zwei Jahre zuvor nur zum Schein auf den Deal ein. Weil ein mit Mikro verkabeltes Gespräch zwischen den Beiden während des einstündigen Hofgangs am 17. April 2007 über die Ernsthaftigkeit der Auftragsofferte jedoch nicht viel hergibt, fingiert das LKA vier Tage später und einen Tag vor Verlegung von Gerd W. in die JVA Charlottenburg einen Besuchstermin mit einem verdeckt ermittelnden Beamten. Mit Sven H. (41) als "Micha", der als cooler "Bandido" den Vollstrecker im vorliegenden Auftragsmord mimen soll.

Kennst du diese Kopfbewegung?

Gerd W. gibt sich während des einstündigen Besuchstermins verbal thematisch sehr zurückhaltend. Doch mit mindestens einer Äußerung verrät er sich doch. So antwortet Gerd W. auf die Frage, ob seine Frau nun definitiv 'weggemacht' werden soll: "Kennst du diese Kopfbewegung?" Dann nickt er.

Gerd W. hat im vorliegenden Verfahren die Tat bestritten. In seinem letzten Wort liest er von einem vorbereiteten Blatt ab: "Ich habe weder Helmut B. noch einer anderen Person einen Auftrag zum Mord an meiner Frau erteilt. Das ist die reine Wahrheit."

Die reine Wahrheit

Trotzdem kam die 40. große Strafkammer zu der Auffassung, gegen Gerd W. wegen der Annahme des Anerbietens einer Straftat nach §30 StGB eine Haftstrafe von sieben Jahren zu verhängen. Gerd W. habe "kalter Hass" gegen seine Ex-Frau geleitet. Die Hoffnung auf eine Entspannung nach dem milden Urteil vom März 2006, die Hoffnung, das Konfliktpotenzial sei damit behoben, sei mit dieser Tat zunichte gemacht. Für Gerd W. wird nun das Haftende auf das Jahr 2018 hinausgeschoben.

Ob eine unselige Allianz wie diese, die "Gerdchen" mit dem hartgesottenen "Helle" einging, ohne die eklatante Fehlbelegung in die TA III der JVA Tegel je zustande gekommen wäre, darf bezweifelt werden. Die vorsitzende Richterin Gabriele Strobel nannte sie "tragisch" und befragte den zuständigen Gruppenleiter der JVA Tegel Günter P. (58) als Zeugen nach diesem Missgriff.

Tragische Fehlbelegung

Doch Günter P. sah hierin nichts Besonderes. Er hätte eben erst zwei, drei Tage nach der Ankunft die Akten von Gerd W. auf den Tisch bekommen und da erst bemerkt, dass Gerd W. kein Lebenslänglicher ist. Launig setzte Günter P., Herr der Station, hinzu: "Wir haben auch schon Diebe unter den Lebenslänglichen untergebracht."

Ob denn Günter P. etwas von den völlig verzweifelten Anträgen des Gerd W. wüsste, fragte die vorsitzende Richterin noch. Antwort Günter P.: "Kann sein. Das fiel dann aber nicht mehr in meinen Bereich."

Die indifferente Haltung des gehörten Beamten wirft zwangsläufig die Frage nach der Verantwortlichkeit zuständiger Justizvollzugsbeamter für die ihnen anvertrauten Gefangenen auf, zu deren im Schnitt sechs Quadratmeter großen Behausungen sie die Schlüssel in der Hand halten. Darunter auch notorische Schwarzfahrer, Schuldner, Kleptomanen, deren Leben auf dem Spiel steht, wenn sie als Goldfisch unter Haien täglich fünf Stunden Freizeitaufschluss über die Runden bringen müssen und weit und breit kein Beamter in Sicht ist.

Gerd W. hätte unter verantwortungsvollerer Ägide möglicherweise ein freundlicheres Schicksal erwartet.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Aller Voraussicht nach wird Gerd W. Rechtsmittel einlegen und in Revision gehen.



NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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Gerd W. versuchte bereits Anfang 2005, den Mord an seiner Ehefrau in Auftrag zu geben. Ein gutes Jahr nach Verurteilung lässt er sich - inhaftiert in der JVA Tegel - dazu hinreißen, einen zweiten Versuch zu starten. (Auf dem Foto: Gerd W. zum Prozessauftakt des ersten Verfahrens am 11. Januar 2006 mit seinem Rechtsanwalt Gerhard Jungfer.)

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