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aus dem moabiter kriminalgericht


Metzelei im Nebel (1/2)


von Barbara Keller

10. März 2009. Moabiter Kriminalgericht. 40. große Strafkammer.
Havelberger Straße, Moabit. Weil der gerade haftentlassene Nikolai S. (42) das feucht fröhliche Tête-à-tête von Natascha T. (44) und Nikolai K. (36) störte, kam es am späten Abend des 23. September 2008 zwischen den aus den GUS-Staaten gebürtigen Bekannten zu bösem Blut. Das unter diversen Namen in der Bundesrepublik brillierende 'Paar des Abends' setzte dem unwillkommenen Besucher derart zu, dass dieser lebensgefährlich verletzt und des rechten Ohres beraubt zu Boden ging. Nachdem der studierte weißrussische Elektroingenieur und die aus Litauen gebürtige Buchhalterin - beide offenbar sturzbetrunken - den leblosen Nikolai S. zwischen zwei Autos vor der Haustür abgelegt hatten, rettete nur der Zufall dem ungelernten Bauarbeiter das Leben...

Bericht vom 20. März 2008/Urteil

In der Nacht vom 23. zum 24. September 2008 ist es diesig, kalt, dunkel. Für Heide K. (64) ist es eine Nacht wie keine andere. Am Tag zuvor verstarb ihre Mutter. Die gelernte Röntgenassistentin nimmt in der Wohnung der Verstorbenen schlaflos trauernd von ihr Abschied. Noch immer respektiert sie das Nichtrauchergebot der Mutter. Zigarette für Zigarette rauchend steht sie auf dem Balkon der Wohnung und starrt hinaus in die Nacht.

Heide K. glaubt zu träumen, als sie gegen 2:00 zwei Menschen einen reglosen Körper auf die Straße schleifen sieht. Eine blonde Frau ist dabei, soweit sieht sie. "Wie eine Puppe wurde die Person über den Gehweg gezogen", erinnert sie sich später vor Gericht, "und zwischen zwei Autos im Rinnstein abgelegt."

Geschleift wie eine Puppe

Als sich Heide K. sicher ist, nicht das Opfer eines Trugbildes einer ohnehin unwirklichen Nacht zu sein, ruft sie die Polizei. In der Zwischenzeit, so beobachtet sie, haben sich die tatverdächtigen Personen in einen Hauseingang gehockt, wo sie sich gedämpft unterhalten. So, als würden sie darüber beratschlagen, was jetzt zu unternehmen sei.

Wenig später werden Natascha T. und Nikolai K., mehr als 2,41 und 1,22 Promille im Blut, in Tatortnähe verhaftet. Natasche T. lacht und giggert enervierend vor sich hin während ihrer Festnahme, Nikolai K. schläft kurz darauf unansprechbar ein. Eine deutliche Blutspur führt die Polizeibeamten in die dritte Etage des gegenüberliegenden Mietshauses.

Den dritten Mann, Nikolai S., findet sie lebensgefährlich verletzt im Rinnstein liegen. Der Gesichtsschädel mehrfach gebrochen, Schädelhirntrauma, Schnittverletzungen an Kopf und Hals, Bruch des Kehlkopfes, Hämatome über den ganzen Köper verteilt - so wird der Mann in der Notaufnahme eines Krankenhauses eingeliefert.

Amnesie

Was in den Stunden zuvor geschah, ist nun Gegenstand einer Hauptverhandlung vor dem Berliner Landgericht, in der Nikolai K. und Natascha T. sich wegen versuchten Totschlags zu verantworten haben.

Doch viel vermögen die Angeklagten, die übrigens beide bislang mit mindestens zwei Identitäten in der Bundesrepublik in Erscheinung traten, am 10. März 2009 zu den Tatvorwürfen nicht beizutragen. Natascha T., schlank, blond, in schwarzes Leder gekleidet, erklärt, es muss wohl einen Streit, möglicherweise um sie gegeben haben. Nikolai S. sei ein verflossener Liebhaber. Erinnern könne sie sich aber an diesen Abend so gut wie nicht. Sie sagt: "Ich habe gebetet, dass er überlebt und kein Pflegefall wird."

Nikolai K., ein untersetzter, mittelgroßer Mann mit kahlrasiertem Schädel, geht es wohl ähnlich. Drei bis fünf Flaschen Kräuterlikör seien geflossen, berichtet er: "Wie die russische Seele so ist." Und dann hätte ihm jemand eine Flasche auf den Kopf geschlagen. Die Flasche sei mit einem lauten Krachen geborsten. Dann sei er erst wieder im Krankenhaus aufgewacht.

Ich verstehe das völlig

Und nun das mutmaßliche Opfer. Auch Nikolai S. sagt: "Ich erinnere mich an sehr wenig." Am selben Tag aus der JVA Tegel entlassen, habe er sich nach Absprache mit Natascha T. in deren Wohnung zu einem Schäferstündchen begeben. Dort fand er allerdings zu seinem Erstaunen auch Nikolai K. vor, den er aus der JVA Tegel als einen 'unguten Mann' kannte.

"Ich kam mir überflüssig vor", sagt Nikolai S., der übrigens im Frühjahr 2004 auch schon einmal zu 14 Monaten Haft wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt wurde. Wie es in der strittigen Septembernacht zu dem folgenschweren Streit kam, bei dem er wesentliche Teile seines rechten Ohres einbüßte, das weiß auch er nicht zu sagen.

Entschuldigungen haben beide Angeklagten bereits abgegeben. Und zumindest die Entschuldigung von Natascha T. trägt Früchte. "Ich verstehe das völlig. Ich kenne sie. Ich bin nicht wütend", nimmt Nikolai S. die Entschuldigung seiner Gelegenheitspartnerin an. Während die Entschuldigung seines Kontrahenten wenig überraschend im Raum hängen bleibt: "Ich erinnere mich nicht, du erinnerst dich nicht. Ich brauchte einen Arzt, du brauchtest einen Arzt. Also bitte entschuldige mich."

Die Verhandlung wird am 17. und 20. März, jeweils 9:15, im Saal 704 fortgesetzt.



NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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Nikolai S. wollte seine Gelegenheits-
geliebte nach Haftverbüßung in Moabit aufsuchen, fand jedoch einen Buhlen vor und wurde mutmaßlich von beiden durchgeprügelt und lebensgefährlich verletzt.

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