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aus dem moabiter kriminalgericht


Korruptionsverdacht bei Berliner Polizei


von Barbara Keller

13. August 2004. Amtsgericht Tiergarten, Strafrichter Abt. 235.
Am 13.08.04 steht Michael L. (38), Angestellter des Ermittlungsdienstes der Berliner Polizei, vor Gericht. Der Vorwurf: Verletzung des Dienstgeheimnisses. Über die Vorgangsnummer eines Fahrraddiebstahls holte Michael L. (38) Informationen über eine GmbH ein, in der seine Schwiegermutter Geschäftsführerin war. Angeblich war ihm dies nicht bekannt. Das Verfahren wurde gegen unerhebliche Auflagen vorläufig eingestellt.


Paragraph 353b - Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht lautet: "Wer ein Geheimnis, das ihm als Amtsträger, ... an einen anderen gelangen lässt oder öffentlich bekannt macht ..., wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft". Auch "der Versuch ist strafbar". Auf Michael L. findet der Paragraph keine Anwendung. Warum?

Am Freitag, dem 13. August 2004 wird Michael L. (38), Angestellter des Ermittlungsdienstes der Berliner Polizei, vor dem Amtgericht Tiergarten mit diesem Vorwurf konfrontiert. Seine fast bockigen ersten Worte zur Verlesung der Anklage: "Das ist nicht korrekt."

Die unerfreuliche Geschichte: Der gebürtige Dresdner Michael L. ist im September 2001 mit Jana L. liiert. Seine etwa gleichaltrige Schwiegermutter Dragica B. stammt aus dem ehemaligen Jugoslawien. Sie ist serbische Staatsbürgerin. Ohne Berufs- oder Schulabschluss erhält sie Sozialhilfe. Ihre Aufenthaltserlaubnis galt damals bis zum 30. Juni 2004. Trotzdem ist sie Geschäftsführerin der Lisowski Bau GmbH. Auf dem Münchener Oktoberfest 2001 soll auch ihre Tochter Jana L. für die GmbH arbeiten.

Die strittigen Ereignisse haben verschiedene Lesarten. Die Version von Michael L. klingt so: Er will von eventuellen Geschäftsführerschaften seiner Schwiegermutter nichts gewusst haben. Dennoch beabsichtigt er, den Jobgeber seiner Frau nach Schwarzarbeit abzuklopfen. Angeblich, damit seine Frau nicht "in irgendwelche Sachen hineingezogen wird".

Er hält Rücksprache mit einem Kollegen in München und dann schickt er eine Anfrage mit der Vorgangsnummer eines Fahrraddiebstahls nach Bayern. "Es war ein Versehen", beteuert Michael L. "Die Maske der Software stand gerade offen."

Dennoch - die Kollegen in München werden stutzig. Wegen Korruptionsverdacht setzen Ermittlungen der Kripo ein. Bei einer Hausdurchsuchung bei Dragica B. findet sie das mehrseitige Fax, das Michael L. aus München auf seine Anfrage erhielt.

Der Berliner Kriminalbeamte Michael T. vernimmt Dragica B. und auch Jana L. Dragica B. sagt aus, nur Scheingeschäftsführerin der GmbH gewesen zu sein. Da sie befürchtete, übervorteilt zu werden, sei sie an Michael L. herangetreten mit der Bitte, die Firma einmal abzuchecken. Michael L. jedoch behauptet: "Ich habe Frau Dragica B. das Fax auf keinen Fall übergeben!" Der heute von Jana L. geschiedene Angeklagte suggeriert, Dragica B. habe sich selbst bedient: "Die Familie kam regelmäßig zu Besuch."

Vor Gericht schweigen Dragica B. und Jana L. Ihre bereits gemachten Angaben sind nicht verwertbar, da der vernehmende Kripobeamte sie nicht über ihr Recht der Zeugnisverweigerung aufklärte. Noch am Prozesstag glaubt Kripobeamter Michael T. (42), dass eine geschiedene Frau kein Recht auf Zeugnisverweigerung hat: "Ich sah extra im Gesetzbuch nach und fragte auch meinen Chef."

Der Prozess geht aus wie das Hornberger Schießen: er wird - nach § 153a - vorläufig eingestellt. Michael L. zahlt innerhalb von sechs Monaten 600 € an die Landeskasse. Die der Anstiftung mitangeklagte Dragica B. leistet 30 Stunden gemeinnützige Arbeit. Wenn dieser Auflagen erfüllt sind, wird das Verfahren völlig eingestellt.



NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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Michael L.
Michael L., Angestellter des Berliner Ermittlungsdien-
stes, holte auf Dienstweg vom Münchener Polizeipräsidium Informationen für private Zwecke ein.

Dragica B. und Tochter
Bei Schwiegermutter Dragica B. (re.), Sozialhilfe-
empfängerin, Ex-KoChefin einer Münchener Baufirma wurden die Recherchefaxe bei einer Hausdurchsu-
chung gefunden. Links: die ehemalige Freundin von Michael L.

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