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Gerichtsreportagen


Von 'Jihadi Cool' und geheimen Diensten


von von Barbara Keller

'Lass Blumen blühen in der Diaspora, gründe digital im Netz, ernte global' - ein Spiel mit mehreren Unbekannten, in dem neben der bereits verurteilten schwäbischen 'Sauerland-Gruppe' auch die in Berlin wegen Unterstützung terroristischer Vereinigungen im Ausland angeklagten Alican T. und Filiz G. mitwirkten: virtuos an der Tastatur, über den YahooMessenger und den TeamViewer live an der Front...
berlinkriminell.de berichtete...

Die Messen sind gelesen. Im Februar 2010 wurden die Mitglieder der sogenannten 'Sauerland-Gruppe' zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Zwei deutsche Konvertiten, zwei türkisch gebürtige Deutsche, radikale Islamisten, die diverse Sprengstoffattentate in Deutschland planten und im Begriff standen, sie bereits durchzuführen, teilen sich nun in Haftstrafen von fünf bis zwölf Jahren.

Wazirische Abenteuer

Wie der deutsche Bekkay H. (inzwischen tot), der Deutschland mit dem Jihad drohte, sollte es seine Truppen nicht aus Afghanistan zurückziehen, sollen auch die jungen Männer der 'Sauerland-Gruppe' über Mittelsmänner im Umfeld des Neu-Ulmer Multikulturhauses rekrutiert worden sein. Eine 2005 geschlossene Begegnungsstätte in Schwaben, in dem sich zeitweise hochrangige Terroristen, darunter zwei Attentäter des 11. September, die Klinke in die Hand gaben.

Nach eigenem Geständnis hatten die Vier Gerechtigkeitssinn und Manneskraft eigentlich als Söldner im Irak unter Beweis stellen wollen. Doch dann landeten sie in einem Trainingslager der 'Islamic Jihad Union' (IJU) in Waziristan (West-Pakistan), wo man sie nach einer Ausbildung zunächst mit Attentaten in ihrem Heimatland betraute. Zurück in Deutschland begleitete, auf einen Tipp des US-amerikanischen Geheimdienstes hin, der BND das konspirative Tun der jungen Helden, verwässerte ihr Sprengstoffgemisch und ließ sie schließlich auffliegen.

Lokale Kontingente

Jung, männlich, unter dreißig Jahre alt beschreibt ein Report des Congressional Research Service (CRS) vom Oktober letzten Jahres unspezifisch islamistische Terroristen im eigenen Land. Seit der Katastrophe des 9/11, berichtet dieser, gab es in den USA vier erfolgreiche, terroristische Anschläge, 43 Anklagen wegen terroristischer Umtriebe. Die Bilanz: mehr als 14 Tote.

Deutschland blieb bislang von Opfern verschont. Die zwei in Kölner Regionalzügen deponierten Kofferbomben 2006 waren Rohrkrepierer, die Sauerland-Gruppe wurde 2007 gefasst und die an Angela Merkel adressierte Paket-Bombe im November letzten Jahres entschärft.

Die Autoren des CRS-Berichts klagen neben der Zunahme von Anschlagsdrohungen und -bemühungen in den USA auch über die Rolle des Internets, in dem Dschihadisten wie Anwar al-Awlaqi ein Facebook-Konto betreiben und in dem über Filesharing Videos von Selbstmordanschlägen und islamistischen Hasspredigten vertrieben werden können. Als besonders verhängnisvoll stuft der Report das Proselyten-Machen auf Youtube unter jungen, männlichen Muslimen ein, denen man den Dschihad als lässige Jugendkultur, als 'Jihadi Cool', verkauft.

Im Oktober 2010 wurde in den USA auch eine Frau, Colleen LaRose ('Jihad Jane'), verhaftet. Man beschuldigte sie, den islamistischen Terrorismus divers und im Besonderen mit Internetaktivitäten gefördert sowie eine 31-jährige Landsmännin geworben zu haben, den schwedischen Cartoonisten Lars Vilks zu töten. Der Fall wurde seltsamer Weise unter den Tisch gekehrt. Bis zuletzt soll Colleen LaRose geglaubt haben, mit den US-amerikanischen Behörden zusammenzuarbeiten, als 'Agentin Provocateur'.

Schwarze Messen

Wie gesagt, die Messen sind gelesen, die schwäbischen Dschihadisten verurteilt. Jetzt wird gemunkelt, die Sauerland-Gruppe war ein Marionetten-Stück der Geheimdienste, um in der deutschen Bevölkerung die Bereitschaft zu weitreichenderen Überwachungsgesetzen zu fördern. Haben die Geheimdienste einfach nur ein paar dumme deutsche, muslimische "Möchtegernhelden" für ihre eigenen Zwecke auf's Glatteis geschickt? (Beispiele dafür gäbe es.)

Wie dem auch sei, für die bereits verurteilten vier Männer war und wird dies nicht mehr von Bedeutung sein. In dem derzeit jedoch gegen Alican T. und Filiz G. in Berlin geführten Prozess, bemüht sich die Verteidigung, dubiose Details und unerfreuliche Tatsachen um das fragliche US-amerikanische und europäische Engagement im fernen Osten aufzudecken. Politikstunden von gehobenem Niveau.

Werden sich so, aus dieser politischen Froschperspektive heraus, die jetzt angeklagten, einst entschlossenen Internet-Terroristen in Opfer von Interessensphären, gar in Freiheitskämpfer verwandeln lassen können?


NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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