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Gerichtsreportagen


Häftling drohte Rechtsanwältin mit Enthauptung


von von Barbara Keller

17. August 2011. 6. Große Strafkammer
Weil eine Rechtsanwältin angeblich die für die Abschiebung bestimmten 1.000 Euro ihres Mandanten als Honorar verrechnete, terrorisierte sie ein Häftling ein Jahr lang verbal und schriftlich mit den widerwärtigsten Anwürfen und mit Todesdrohungen. Der aus Serbien gebürtige Bauarbeiter gab sich geständig. Während er 'nur noch hier raus will', wünscht die Nebenklage seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung...


"Ich schreibe meinem Mandanten grundsätzlich eine Rechnung. Was er damit macht, ist mir egal", berichtet ein Berliner Strafrechtler nach abrechnungstechnischen Gepflogenheiten seines Berufsstandes befragt. "Ich schreibe doch keine Rechnung, wenn ich kein Geld bekomme", sagt ein anderer. "Honorar cash auf die Hand? Das geht gar nicht", erfahre ich aus berufenem Mund, und ernte an anderer Stelle hierüber wiederum herzhaftes Lachen.

Anlässlich einer Geburtstagsfeier komme ich neben einem Strafrechtler zu sitzen, dessen Mandanten größtenteils libanesischer Herkunft sind. Honorarvereinbarungen: ausschließlich mündlich, gezahlt wird bar. Irgendwann, erzählt mein Tischnachbar, kennt man den ganzen Clan und fährt, man ist ja auch nur Mensch, gemeinsam in Urlaub.

Ein Seitenwechsel kann jedoch höchst ungesund sein. So kehrte der aus dem Ruhrpott gebürtige Rechtsanwalt Friedhelm S. († 2008) in den 80ern der Zunft den Rücken. Er machte in Rotlicht, Immoblien und avancierte zum Millionär. 2008 trifft er auf seinen Mörder bei einem Spaziergang mit Hund Max auf der Fischerinsel in Berlin Mitte. Ein Jahr zuvor ermordet Edgar von der H. seinen ehemaligen Verteidiger Paul Kleisner ( 2007 ). Er erschießt ihn in der Tiefgarage. Das Motiv: Unstimmigkeiten über Mandantengelder.

Das Eis, auf dem Strafverteidiger sich bewegen, so scheint es, ist dünn. Die Rache enttäuschter Mandanten entzündet sich, siehe auch Fall Müllerhoff, immer wieder an vermeintlich zu Unrecht einbehaltenen Honoraren. Hinzu kommen Konkurrenz und die Not um das liebe Brot. In Berlin tummeln sich immerhin mehr als 600 Strafverteidiger, von denen so mancher 'Klimmzüge am Briefkasten macht', wie ein Kollege der Zunft klagt.

Auch Imer I. (36), der im Januar 2010 in der JVA Tegel eine mehrjährige Haftstrafe verbüßt, glaubt, von seiner Verteidigerin 1.000 Euro zurückfordern zu dürfen. Erbost darüber, dass Rechtsanwältin Sylvia F. keine Bewährungsstrafe für ihn erwirkte und auch die Abschiebung nach Serbien nicht klappte, warf er ihr vor, mit der Staatsanwaltschaft gemeinsame Sache zu machen. Ein Jahr lang terrorisierte er sie mit widerwärtigen Beleidigungen in Telefonaten und Briefen, bedrohte sie mündlich und schriftlich mit dem Tod. Bis ihn eine Strafanzeige wegen Bedrohung und unwahrer Behauptungen ereilte.

Den Kopf wollte Imer I. seiner Verteidigerin abschneiden, sie mit Oralverkehr beglücken, 'mit Geschenken' zum Café aufsuchen und ihre 'ganze Familie ficken', wenn sie ihm nicht die 1.000 Euro erstatte. Dresden, so der Angeklagte, hätte er nicht vergessen. Sie sei Schuld an einer Abreibung, die er dort bekam. Doch Sylvia F. bleibt hart. Sie gibt an, das Geld als Honorar verrechnet zu haben.

Am 17. August 2011, am ersten Tag der Hauptverhandlung, beantragte Rechtsanwalt Eckart Fleischmann, in Nebenklage für Rechtsanwältin Sylvia F., die Gefährlichkeit und damit die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung zu untersuchen. Ein diesbezügliches Gutachten sei durch den psychologischen Sachverständigen Tamas Tänzer bereits erfolgt.

Imer I., dessen Haftstrafe im April dieses Jahres verbüßt gewesen wäre, brillierte mit einigen narzistischen Einlagen. Er sei ledig, habe aber 'ein Mädchen', schwabulierte er. Durch den Richter nach seiner wahre Identität befragt, blieb er wage. Er habe nebenher nur mal ein 'Alias' genutzt. Richter Rothbart schnitt dem Angeklagten schließlich das Wort ab: "Sie sind jedenfalls unter falschem Namen eingereist und dafür bestraft worden."

Rechtsanwalt Rüdiger Portius unterbrach das Gebrabbel seines Mandanten und tat seine Pflicht. Er verlas für Imer I. eine Stellungnahme, mit der der Angeklagte die Vorwürfe 'im wesentlichen' einräumt. Er habe die 1.000 Euro für die Abschiebung mit Hilfe von Freunden zusammengebracht und sei sehr verärgert gewesen, dass es mit der Abschiebung nicht klappte. Er glaubte, die 1.000 Euro beanspruchen zu dürfen.

Imer I. entschuldige sich 'ausdrücklich für die Entgleisung'. Er habe nur ein Ziel: zurückzukehren in seine Heimat zu seinen Eltern. Das Geld sei ihm egal. Er werde auch nicht, wie offenbar bereits mehrfach praktiziert, nach Deutschland zurückkehren. Imer I. habe Sylvia F. nicht ernsthaft bedrohen wollen. Es tue ihm Leid, es würde sich nicht wiederholen. Er wolle 'nur noch raus'.

Da Imer I. sich gegenüber Mitgefangenen und einer Haftrichterin jedoch anders lautend äußerte, will die Staatsanwaltschaft und auch das Gericht diese Zeugen erst einmal hören. Angesichts dessen, dass die Richterin bis auf weiteres krank geschrieben und der Sachverständige Tänzer in spe nicht verfügbar sein wird, setzte die Strafkammer unter Vorsitz von Richter Rothbart das Verfahren aus.

"Ich habe gemacht Beleidigung wegen Abschiebung", protestierte der Angeklagte empört. "Ich bin nix Terrorist." Rechtsanwalt Portius beantragte für seinen Mandanten die Haftentlassung. Portius: "Die Vorwürfe sind nicht so gravierend." Außerdem gehe Imer I. ohnehin in die Abschiebung. Das Gericht hingegen entschied sich mit der Begründung, der Tatverdacht bestehe fort, für eine Haftfortdauer.



NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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