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Gerichtsreportagen


Alibi: Wenn Mann und Frau zusammen sind


von C. Rockenschuh

23.05.2014, 30. Strafkammer, Saal 500
Erste Einlassung im Verfahren gegen drei Männer, die im März vergangenen Jahres einen Mann in einem Wett-Café in Charlottenburg überfallen und mit einem Messer schwer verletzt haben sollen. Der Angriff soll laut Anklage ein mutmaßlicher Racheakt des Abou Chaker Clans sein.
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"Lieber noch mal", fordert der Vorsitzende Richter Herb den Vernehmungsbeamten auf, der bereits zum zweiten Mal in diesem Prozess aussagt. Hinterzimmer des Cafés, in dem der Überfall stattfandTorsten B. (49) hat im März vergangenen Jahres Hassan K. vernommen. Der war einer der Kartenspieler, die dem Überfall auf Khalil Y. hautnah beiwohnten.

Hassan K. hatte, nachdem er zunächst in den Libanon gereist war und für die Behörden nicht greifbar, dann doch im Februar dieses Jahres seine Aussage in diesem Prozess gemacht. Viel kam dabei nicht heraus. Er konnte keinen der Angeklagten als Täter identifizieren. Gegenüber einem Polizeibeamten soll Hassan K. jedoch zuvor geäußert haben, weitergehende Angaben nicht machen zu können, weil er um die Sicherheit seiner Familie fürchte.

In den Aussagen der Polizeibeamten geht es vornehmlich um die Vergewisserung über eine Korrektur im Protokoll der Vernehmung. Thema ist auch die DNA-Spur an einem Stuhl, der mutmaßlich von einem der Täter herumgeschleudert worden sein soll und die einem der Angeklagten zugeordnet werden kann.

Es ist bereits fortgeschrittener Nachmittag, die Zeit verrinnt zäh zwischen den Zeugenaussagen der Polizeibeamten, als Rechtsanwalt Axel Weimann überraschend die Einlassung seines Mandanten angekündigt. Veysel K. ist der Angeklagte, der bei dem Überfall am 16. März 2013 der Täter mit der weißen Kapuze und als Messerstecher der Haupttäter gewesen sein soll. Gegenüber Polizeibeamten soll er angegeben haben, beim Plattenlabel des Rappers Bushido beschäftigt zu sein.

Rechtsanwalt Peter Zuriel, dessen Mandant Selim D. (32) bereits seit Februar auf freiem Fuß ist (der Haftbefehl ist aufgehoben) schreckt bei der Ankündigung der Einlassung aus tiefster Ruhe und informiert seinen Kollegen. Dann verliest Verteidiger Weimann die Einlassung,

Sie beginnt beginnt mit: "Mit der Sache habe ich nichts zu tun." Wegen seines Medikamentenmissbrauchs mit dem Schmerzmittel Diazepam und dem abrupten Entzug durch die Inhaftierung könne Veysel K. sich zudem kaum noch erinnern. Eines sei jedoch klar. In der fraglichen Tatzeit will der Angeklagte ein Alibi haben. Er sei mit seiner Freundin zusammen gewesen. Zu einer "Zeit, in der Mann und Frau zusammen sein sollen, wenn sie einen Kinderwunsch haben", so Veysel K.

Veysel K. hat auch eine Erklärung für seine DNA an dem Stuhl, die die Spurensicherung sicher stellen konnte. Vielleicht sei er an dem Café vorübergegangen, habe "gespuckt und den Stuhl getroffen." Für einen Besuch des Cafés, das der Angeklagte lediglich zweimal betreten haben will, nennt er einen zweiten Zeugen. Veysel K. beteuert: "An einer so gemeinen Tat hätte ich mich nicht beteiligt."

Weitere Fragen will der Angeklagte nicht beantworten. Welche Relevanz ein etwaiger Medikamentenmissbrauch auf die Gedächtnisleistung des Veysel K. gehabt haben kann, soll nun ein Einblick in die Krankenakte des Angeklagten bringen.

Auf die Zeugenaussage des bekannten Intensivtäters Nidal R., gab der Vorsitzende Richter bekannt, wird man verzichten müssen. Rechtsanwalt Eisenberg hatte gegenüber dem Gericht erklärt, sein Mandant mache von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Nidal R., der vor einer Woche wegen diverser Delikte zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt wurde, stand im Verdacht, eines der Fluchtfahrzeuge in der Tatnacht gefahren zu haben.

Nachdem die Auswertung der Telefonprotokolle des Handys des Angeklagten Selim D. aus formalen Gründen nicht verwendet werden kann und auch Rechtsanwalt Hansgeorg Birkhof (mit Rechtsanwalt Weiman für Veysel K.) der Verwertung der Handydaten seines Mandanten einen Riegel vorschieben will, scheinen die harten Beweise der Anklage gegen die mutmaßlichen drei Racheengel der Abou Chakers zunehmend poröser.

Die Parteigänger der Angeklagten, Freunde und Bekannte und Verwandte, stehen nach Schluss der Verhandlung zu einem letzten Gespräch vor dem Gerichtsgebäude. Einer der Herren in schwarzer Lederjacke grinst optimistisch: "Freispruch!"

Der Prozess wird am Dienstag, dem 27. Mai 2014, 12:30, Saal 500 fortgesetzt.
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Foto:
Hinterraum des Café 48, in dem der Überfall stattfand.



NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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