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Gerichtsreportagen


Ruhe hinter den Sieben Zwergen, Emotionen hinterm Gartenzaun


von C. Rockenschuh

06.11.2014, Gütetermin am Amtsgericht Bad Freienwalde
In Bad Freienwalde hofft ein Verein eine unbequeme Gartenfreundin loszuwerden. In der Gartenanlage ist es gemütlich wie auf dem Minenfeld. Doch die Pächterin denkt nicht daran, das Feld zu räumen. Sie besteht auf dem Pachtvertrag und lässt am 6. November 2014 einen Gütetermin platzen...

Nachbarschaft kann peinigen, im Extremfall auch tödlich sein. Die Ressourcen der Vernunft liegen oft brach, wenn es um die 'heilige Ruhe' geht. Flur im Amtsgericht So wurde Anfang dieses Monats ein 61Jähriger aus Trier zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt, der nach einer Jahre währenden Fehde mit seinem Kleingarten-Nachbarn zur Waffe griff. Sein Kontrahent hatte den Rasenmäher laufen lassen. Jetzt ist er tot. Die Lebensqualität nach dieser Art der Konfliktbewältigung geht zwar qualitativ gegen Null. Aber man hat nun 'Ruhe'.

Auch in einer Kleingartenanlage in Bad Freienwalde kochen, wenn auch etwas weniger drastisch, seit längerer Zeit die Emotionen hoch. Anlass ist Ex-Vereinsfrau Inge L. (54)*. Die Vorruheständlerin pachtete ihr Grundstück noch zu DDR-Zeiten. Da war sie eine geachtete Bürgerin unter höflichen, fleißigen Nachbarn.

Der Garten ist top. Jeden Tag wird er von Inge L. und ihrem berufstätigen Partner bepflegt. Doch mit den Gartenfreunden, die nach der Wende dem Verein beitraten, mag Amtsgericht Bad FreiäenwaldeInge L. nicht warm werden. Offenbar aus Gründen des Niveaus. Inge L. macht aus ihrem Herzen keine Mördergrube. Wer an ihrem Garten vorbeigeht, wird mit giftigen Bemerkungen bedacht. Begeht der Verein auf dem Pumpenplatz hinter ihrem Garten seine alljährlichen Feste, wischt Inge L. anschließend demonstrativ ihren Zaun mit einem Staubtuch ab. Auch das Jugendamt hat Inge L. schon mal eingeschaltet.

Im August dieses Jahres kündigte ihr der Verein den Pachtvertrag. Der Unfrieden, der von der Vereinsfrau ausginge, störe in unzumutbarer Weise den Frieden in der Gartenanlage. Doch da hatte der Verein die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Inge L., die zunächst trotzig, sang- und klanglos das Feld räumen wollte, entschloss sich zur Gegenwehr.

Nun kann der Verein zwar Kraft Vereinsfreiheit selbst entscheiden, wer Mitglied sein darf und wer nicht. Ein Pachtvertrag, wenn er denn nicht ausdrücklich an die Vereinsmitgliedschaft gekoppelt ist, muss jedoch nach Bundeskleingartengesetz (BKleingG) aufgelöst werden.

Dass Inge L. "den Frieden in der Kleingärtnergemeinschaft so nachhaltig" störe, "dass dem Verpächter die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann" (BkleingG, § 8, Abs. 2), dem widerspricht sie. Am 6. November 2014 ist die kleine, drahtige, schwarzhaarige Frau mit ihrem Anwalt Heinz-Jürgen Noack am Amtsgericht Bad Freienwalde zu einem Gütetermin erschienen.

Rechtsanwalt Noack führt für sie das Wort. Er stellt seine Mandantin als "liebe, nette Frau" vor. Die Hoffnung der Gegenseite und auch der Vorsitzenden Richterin Schneider, den von Inge L. vorgetragenen Wunsch nach "anständiger Trennung" final zu regeln, erstickt Rechtsanwalt Noack im Keim.

Nach einem anfänglichen Schock auf die Kündigung im Sommer sei seine Mandantin jetzt entschlossen sich zu wehren. "Sie hat ihr Herzblut in den Garten gesteckt und möchte auch im Garten bleiben." "Richtig!", unterstreicht Inge L.

Auch der Kleingartenverein ist mit einigen Mitgliedern und einer Rechtsanwältin aus der Kanzlei Schweins & Melzer erschienen. "Es geht nicht um den Garten. Der ist top", erklärt der Vereinsvorsitzende Horst K.* Es sei das Verhalten von Inge L. gegenüber "unseren Vereinsmitgliedern". Diese seien unter anderem mit Wörtern wie "Schlampe" und "Assi" bedacht worden.

"Das ist absolut nichts wert!", kontert Rechtsanwalt Noack. Die Geschädigten hätten zur Polizei gehen und Anzeige erstatten müssen. Die vom Verein reklamierte Entspannung fände zudem "hinter dem Gartenzaun statt". "Meine Mandantin will mit den anderen Vereinsmitgliedern einfach gar nichts zu tun haben", sagt er.

Richterin Schneider kapituliert schließlich. Sie will sich nun selbst ein Bild von der Sache machen - auf der Grundlage einer Beweiserhebung. Ein letztes Mal versucht sie einen Kompromiss. "Ich kann Sie nicht zwingen zu kündigen, Frau L." Man werde Zeugen hören müssen und das könne dann "so oder so" für sie ausgehen. "Sie wollen an dem Vertrag festhalten?" - Frau L. nickt.

Die Güteverhandlung ist gescheitert. Ein Haupttermin, dann sicher eine Schlammschlacht, wird nicht vor einem halben Jahr erwartet. Ein Konflikt bleibt damit offen und eine weitere Gartensaison vergiftet. Rechtsanwalt Noack ist dennoch "optimistisch". Der Jurist scheint entschlossen, seine Mandantin bis zur letzten Instanz zu vertreten. - So weit das Portemonniae reicht.

*Namen von der Redaktion geändert.



NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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