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krimirezensionen ab 2003

 

Panos Karnezis
"Kleine Gemeinheiten"
dtv Juni 2004,
(2. Auflage im August 2004)
ISBN 3-423-24396-1
16,00 €

Märchenhaft gnadenlos

von Barbara Keller


Wer es verpasst hat, diesen Sommer selbst im Mediterranen auszuspannen, kann es mit Karnenzis Kurzgeschichten "Kleine Gemeinheiten" auf dem heimischen Sofa vielleicht nachholen. Man lehne sich zurück und verfolge mit staunenden Augen, was der Autor - sicher zynisch gemeint - unter "kleinen Gemeinheiten" versteht.

Da hält Witwer Nikiforo seine Zwillingstöchter im Keller wie Tiere, weil er ihnen die Schuld am Tod der Mutter gibt. Das Dorf sieht schweigend zu. Ein Rentner steht kurz vor der Erfüllung seiner Rentenansprüche und stirbt im Wartesaal der Behörde. Ein dreister, dünner, cholerischer Macho terrorisiert seine ängstliche Freundin und einen hünenhaften Schankwirt, die einen unschuldigen Ausflug ans Meer planen. Die Arglosen sind auch wehrlos. Es bleiben: Magengeschwüre.

Panos Karnezis Botschaft ist eindeutig. Weder das Leben noch seine einzelne Sequenzen haben ein Happy End. Des Schicksals Gang verläuft weder geradlinig, noch spiralförmig oder in sonst berechenbaren geometrischen Bahnen. Der skrupellose Böse gewinnt. Am Ende wird alles in Schutt und Asche gehen. Hier: glänzt ein spiegelglatter See über dem von Erbeben heimgesuchten Dorf.

Karnezis siedelt seine Kurzgeschichten in einem griechischen Dorf zu einer unbestimmten Zeit an. So dass auch mythische Halbwesen Gelegenheit zu einem literarischen Auftritt haben. Seine Erzählungen sind keine schmunzelnden Geschichten aus dem Alltagsleben. Es sind märchen- und legendenhafte Kurzgeschichten, die in ihrer Gnadenlosigkeit in nichts dem brachialen Ambiente der griechischen Mythenwelt nachsteht.

Um das Ganze verdaulich zu machen, bietet Karnezis dem Leser aber auch ein Autodafé: die Befreiung des Dorfes von einem missliebigen bösen Zeitgenossen mittels eines abgerichteten Wolfs. Auch Pater Gerasimos, der nicht ohne Fehl ist und seine liebe Not mit seiner Gemeinde hat, schaut mit Wohlwollen auf das Blutbad. Eine Erfolgsgeschichte zum Guten ist auch der Versuch eines beim Zirkus engagierten Zentauren, die Gage zu erhöhen.

Alles in Allem ist "Kleine Gemeinheiten" zwar ein Buch für den flanierenden Leser des Feuilletons light. Aber es weht in ihm auch schwer verdaulich der herbe, patriarchale Mief eines "Christus kam bloß bis Eboli". Nicht ganz heutig - aber leider auch nicht ganz von gestern. Vielleicht eine Spur zu altklug.



der MöhrenkillerP. Karnezis: Kleine Gemeinheiten
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