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krimirezensionen ab 2003

 

Erich Schanda
"Headhunter"
LV Juni 2004,
ISBN 3-937412-01-8
16,80 €

Dutroux in Cottbus

von Barbara Keller


1978 erschießt der MAD ein vermeintliches Agentenpaar an der tschechischen Grenze. Aus der Tasche der getöteten Tanja J. kullert ein schreiender Säugling. 24 Jahre später sinnt der unter staatssicherheitlicher Aufsicht groß gewordene Boris J. auf Rache. Eine simple Entführung mit Mordforderung gerät aus dem Ruder. Mordlust und pädophile Wünsche verwandeln bemoost rostige Schmuddelecken der ostdeutschen Provinz in eine einsame Hölle.

Wer als Literaturliebhaber mit Leseschwäche für Krimis die "blühenden Landschaften der neuen Bundesländer" besucht, wird sicher auch auf seine Brachen aufmerksam. Verlassene Industriegelände, verwaiste Landwirtschaftsgenossenschaften, unzugängliche Militärgelände so weit das Auge reicht.

Und wer das Oderbruch mit seiner spärlichen, überalterten Bevölkerungsstruktur bereist, vielleicht Harnekop, den Atombunker der Ex-DDR-Eliten, mit seiner abenteuerlichen Nutzung, sieht, dem scheint in ostdeutschen Landen einiges Kriminelle möglich. Sicher auch ein Szenario, wie es Erich Schanda in seinem Kriminalroman "Headhunter" vor dem Leser entwickelt.

1978. Der bundesdeutsche MAD (Militärische Aufklärungsdienst) eliminiert an der tschechischen Grenze ein angeblich feindliches, deutsches Agentenpaar. Der junge, ahnungslose Bundeswehrsoldat Frank Wegner ist einer der Todesschützen. In der Tasche der getöteten Agentin findet sich zu aller Entsetzen ein Säugling. Er wird einem Offizier der Staatssicherheit zur Adoption überantwortet.

24 Jahre später. Cottbus. Der unter Rotlichteinfluss aufgewachsene Agentenzögling namens Boris Jekin arbeitet bei der Telekom als Hausmeister. Ihm steht der Sinn nach Rache an den Mördern seiner Eltern. In einem geheimen Bunkerversteck hat er bereits ein Kidnappernest eingerichtet. Zusammen mit dem skrupellosen Alexander Kovac heckt er einen blutigen Plan aus.

August 2002. Frank Wegner hat sich mit Frau und zwei kleinen Kindern in Freiburg niedergelassen. Plötzlich verschwinden seine Frau und die beiden Mädchen spurlos. Die Entführer, Boris J. und Alexander K., fordern von Wegner die Köpfe seiner Vorgesetzten, die 1978 die Aktion an der tschechischen Grenze leiteten. Er soll sie in einem Brunnen eines verlassenen, polnischen Grundstücks nahe der Grenze deponieren.

Während Wegner in panischem Entsetzen nach einer Lösung sucht, entwickeln sich die Umstände denkbar ungünstig. Die potenziellen Opfer Kull und Meissner, inzwischen alte Herren, sind für Wegner nicht mehr erreichbar. Boris J. entpuppt sich als skrupelloser Mörder und Vergewaltiger. Alexander K. hat ein Sonder- und Nebengeschäft mit den Kindern vor. Eine erlesene pädophile Kundschaft aus Botschaftsangestellten, Politikern, deutschen Rechtsanwälten und Ärzten steht bereits in den Startlöchern. Es ist an eine kleine Jagd auf einem Militärgelände nahe der polnischen Grenze gedacht.

Nicht ohne Verluste gelingt es, den zwischen Autofriedhöfen, bodenvergifteten Industriegrundstücken und verminten Militärgeländen gedeihenden Verbrechern das Handwerk zu legen. Das Wermutströpfchen: der zum Schluss dem Irrsinn verfallene Borsi J. ist der geschlossenen Anstalt entkommen und winkt dem erschrockenen Leser wie die Hand aus dem Moor zum Abschied leise lächelnd zu.



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