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krimirezensionen ab 2003

 

Leonardo Padura
"Labyrinth der Masken"
Unionsverlag Februar 2005
ISBN 3-293-00323-0
19,90€

Der letzte Frühling

von Barbara Keller


Es ist Hochsommer und im Stadtwald von Havanna wird ein Toter entdeckt, ein Transvestit in einem roten Kleid, erdrosselt mit zwei Pesos im Anus. Um die Sache noch delikater zu machen: Es ist Alexis Arayán Rodriges, der Sohn des kubanischen Diplomaten Faustino Arayán bei der UNICEF. Der eigenwillige Kripobeamte Mario Conde - Liebling des Polizeichefs, Lyrikliebhaber, selbst Literat – verbüßt gerade eine Strafversetzung beim Erkennungsdienst. Er hat sich mit seinem Kollegen Fabricio geschlagen und damit ungewollt auch eine Welle innerbehördlicher Untersuchungen in Gang gesetzt. Für die Bearbeitung des sensiblen Mordfalls vom Stadtwald kommt jedoch nur ein Kripobeamter in Frage: der Conde.

Deshalb wird der sperrig eigenwillige Beamte reaktiviert. Dem machohaften Single in der Midlife-Krise schmeckt der Fall zunächst überhaupt nicht. Er mag keine Homosexuellen, schon gar keine Transvestiten. Dementsprechend rüde ist sein Ermittlungsstil gegenüber Alberto Marqués, bei dem das Mordopfer zuletzt gewohnt haben soll. Ein stockschwuler, genialer Regisseur, der dem Conde mit gespieltem Sarkasmus begegnet.

Doch dann überzeugen den schreibenden Kripobeamten sowohl die intellektuelle und menschliche Größe des ehemaligen Dissidenten als auch dessen Stil, das Leben selbst wie ein fesselndes Bühnenstück zu gestalten. Während seiner Besuche bei dem von ihm verehrten Künstler erzählt ihm Alberto Marqués eine anscheinend belanglose Geschichte. Er schwadroniert über eine Stipendienreise dreier kubanischer Künstler Ende der sechziger Jahre nach Paris, die im Rausch genossen schließlich desaströs endet und den international gefeierten Theatermann in Kuba für Jahrzehnte zum Niemand macht.

Bei seinen fast traumwandlerischen Recherchen führt ihn der greise Intellektuelle auch in die homosexuelle Szene Havannas ein. In einer verfallenen Stadtvilla Alt Havannas lernt der Conde neben einer schillernden Gesellschaft Gestrandeter jeglichen Couleurs auch Poly, die – meistens heterosexuelle - Nichte des Gastgebers kennen. Und verguckt sich in sie.

Die Aufklärung des Mordfalls aber hängt in den Seilen. Während die Lebenssituation, auch die Umstände des Todes von Alexis Arayán einen Selbstmord, ja fast eine Selbstmordinszenierung nahe legen, gibt es nicht wenige Indizien für einen kaltblütigen Mord. Schließlich bietet auch die scheinbar nebensächliche Geschichte des Theaterregisseurs das entscheidende Stück zu dem Puzzle, das den Conde die traurige Wahrheit über den Tod des sensiblen Diplomatensohnes erkennen lässt.

"Labyrinth der Masken" bietet neben einer mitreißenden Krimistorie Nachrichten aus einer fremden Welt. Einer noch immer sozialistischen Inselwelt, die mit ihrer stalinistischen Geschichte und weiter mit seinen Masken leben muss. Als international renommierter Autor kann Leonardo Padura sich kritische Töne leisten, auch die Schilderung skurriler Milieus, die vom Regime nicht anders als "antisozialistisch" deklariert würden. Ein lesenswertes Buch, das trotz allen Postsozialismus’ den Charme kubanischer Lebensfreude atmet.

"Leonardo Padura (* 1955) in Havanna, schloss 1980 ebendort ein Lateinamerikanistik-Studium ab und schrieb zunächst für verschiedene kubanische Zeitschriften. Bald gehörten seine Reportagen zu den meistgelesenen in Kuba. Zu seinen Buchveröffentlichungen zählen Romane, Erzählbände, literaturwissenschaftliche Studien sowie Reportagen und Interviews. International bekannt wurde er mit seinem großen Kriminalromanzyklus "Das Havanna-Quartett". Neben vielen anderen Auszeichnungen erhielt er den Premio Café de Gijón sowie zweimal den Premio Hammett. Leonardo Padura lebt in Havanna." (... sagt der Unionsverlag)



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