sitemap
Hexenberg Ensemble Kanzlei Hoeniog

zur Startseite
Hier lasen Sie im Herbst 2007 in wöchentlicher Folge Axel Bussmers Debütkrimi "Ein bisschen Luxus".
Jeden Montag neu...

krimidebüt mit folgen...

zur Rezension...

Axel Bussmer, "Ein bisschen Luxus" (19/28)


Kaum hatte der Golf der Frau sein Grundstück Richtung Villingen-Schwenningen verlassen, holte er sein Handy aus der Hosentasche und wählte Wielands Nummer.

"Wieland."

"Hey, Klaus. Ich binâs."

"Oh, Lothar. Gut, dass du anrufst."

"Ich komme heute Abend."

"Gut. Peter und Fritz werden dir alles Weitere sagen."

"Hm."

"Gibt es noch etwas?"

"Eben war eine Schnüfflerin bei mir."

"Sah sie gut aus?"

"Hm, irgendwie ja."

"Dann warâs diese Diana Schäfer."

"Genau. Den Namen hat sie erwähnt."

"Ich habe eben mit ihr gesprochen."

"In meiner Einfahrt."

"Deshalb hat sie meinen Namen nicht erwähnt."

"Hätte ihn wahrscheinlich eh nicht verstanden.", sagte Kraft. "Weiß sie irgendetwas?"

"Keine Ahnung."

"Nun hör mal. Sie schnüffelt nach dem Studi-Arschloch. Taucht bei mir auf. Stellt mir dumme Fragen und war vielleicht sogar in meinem Haus."

"Vielleicht?"

"Nun, ich erwischte sie unten an der Kellertür."

"Du hast doch keine Beweise im Haus?"

"Nee. So blöde bin ich nicht."

"Na, dann ist doch alles in Ordnung."

"Klaus, sie wirkte ziemlich hartnäckig."

"Ich rede heute Abend mit ihr."

"Und wenn du sie mit deinem Charme nicht einwickeln kannst?"

"Tja."


Kapitel 14

Während Diana mit Bill Frisell zurück nach Konstanz fuhr, verfolgte die Polizei weitere Spuren. Ihr Freund Jörg Dessau sehnte sich bereits nach seinem normalen Dienst zurück. Und Linus Schroff hätte lieber sein Feierabend-Bier genossen. Aber sie mussten weiter Akten anlegen. Winzige Details für die SoKo und damit für das LKA â oder hatte bereits das BKA die Ermittlungen übernommen? â anlegen. Sie wussten es nicht. Sie erhielten keine Informationen. Sie arbeiteten einfach. Wie an einem Fließband. Im Südkurier wurden der gesamte Lokalteil und große Teile des überregionalen Teiles mit den Bombenanschlägen gefüllt und für die Live-Schaltungen in den Abendnachrichten wurde alles vorbereitet. Wegen des Seenachtsfestes waren bereits etliche Ü-Wagen und Journalisten unterwegs zum Bodensee. So fuhren sie einen Tag früher und berichteten über etwas wirklich Interessantes.

Kurz vor halb Acht parkte Diana ihren Golf vor dem Restaurant Hohenegg ein. Der Blick auf den See, die linkerhand liegende Blumeninsel Mainau und die auf der anderen Seeseite liegenden, von der Abendsonne beschienenen Orte und Weinberge war überwältigend.

Auf der Terrasse saßen bereits etliche Touristen und Einheimische. Aber ihr Gastgeber Klaus Wieland war nicht dabei. Zeit genug, sich telefonisch kurz bei ihrem Freund zu melden.

"Hallo, Jörg."

"Hallo, Diana.", meldete sich Jörg am anderen Ende der Leitung.

"Wie laufen die Ermittlungen?"

"Keine Ahnung. Ich tippe jetzt meine Notizen in den Computer. Du, ich habe keine Ahnung, wann ich hier fertig bin."

"Das ist okay. Ich treffe mich jetzt mit Klaus Wieland."

"Wo?"

"Am Hohenegg."

"Uh, muss ich jetzt eifersüchtig sein?"

"Aber nein. Jedenfalls habe ich keine Ahnung, wie lange ich hier bin. Danach werde ich wahrscheinlich nach Hause fahren. Du kannst ja anrufen."

"Ach, ich mache einfach auf dem Heimweg einen kleinen Umweg."

"Dann bis später."

"Ich liebe dich."

"Wo hast du denn den Leichenwagen geklaut?", fragte Haller.

"Ausgeliehen, bei meinem Chef.", antwortete Lade, während Haller sich auf den Beifahrersitz setzte. "Schau mal nach hinten."

"Ein Sarg."

"Yep. Aus Singen. Wird morgen Vormittag verbrannt."

"Auf Samstag?"

"Ist eine eilige Sache. Die Urnenbeisetzung ist am Montag.", sagte Haller, während er den schwarzen Mercedes in Richtung Universität steuerte. "Wenn wir diesen Sicherheitschef dabei legen, wird er mit dieser Dame mit dem langen, osteuropäisch klingenden Namen, den ich mir nicht merken kann, verbrannt und irgendwo beigesetzt. Und weißt du, was das Beste ist?"

"Nein?"

"Niemand wird jemals etwas davon erfahren. Ich kann die Leiche ganz legal durch das Land transportieren. Ich organisiere und überwache morgen die Verbrennung. Der Sarg wird nie geöffnet werden und aus der Asche erfahren die nichts. Der Typ verschwindet einfach vom Erdboden."

"Mann, du hast einen genialen Job erwischt."

"Irgendwie schon. Wo liegt er denn?"

"In der Nähe des Parkhauses."

"Uah. Mist. Da werde ich wieder nicht zum Schlafen kommen."

"Wir könnenâ"

"Nee, du. Ich habe null Bock, den Typen durch den halben Keller zu schleppen. Da warte ich lieber, bis es dunkel wird. Dann können wir den Sarg hineintragen, ihn dazu legen, ihn versiegeln und wieder zurücktragen. Da sind wir auch nicht später fertig, als wenn wir ihn zur anderen Seite schleppen."

Diana lehnte abwartend an ihrem Auto. Vor ihr, auf dem See bewegten sich die Autofähren träge zwischen Konstanz und Meersburg. Segelschiffe und Motorboote kreuzten ihre Wege. Pünktlich um halb Acht fuhr Wieland auf einem Rennrad aus dem Wald heraus.

"Guten Abend, Frau Schäfer. Warten Sie schon lange?", fragte er, während er abstieg.

"Nein. Ich bin früher gekommen."

"Hätte ich das gewusst, hätten wir uns auch früher treffen können." Er befestigte sein Rad an dem Fahrradständer.

"Ein schönes Rad haben Sie da."

"Oh, ja. Extra für mich eingestellt. Hat zwar einige Wochen gedauert, aber dann war alles perfekt. Der Sattel, der Lenker, die Übersetzung. Feinste Handarbeit."

"Von ihnen?"

"Oh, nein. Ich kenne in Friedrichshafen einige Fahrradfreaks. Die haben das gemacht. Und seitdem macht mir das Fahren wirklich Spaß."

Sie erhielten, wie Wieland es ihr am Telefon versprochen hatte, einen Tisch mit Blick auf den See. Direkt am Geländer.

"Ein schöner Platz."

"Ach, ich kenne den Wirt."

"Woher?"

"Nun, ich komme hier öfters mit Studenten und Kollegen hin. Und wenn wir einen Gast an der Uni haben, ein Prof, jemand aus dem Ministerium oder von einem Institut, dann gehen wir auch hierhin essen." Wieland lehnte sich etwas zurück. "Außerdem liegt das Hohenegg auf meinem Heimweg."

"Guten Abend, Herr Wieland.", sagte die Bedienung. Ein junger, dunkelhaariger Mann mit einem blütenweißen Hemd. "Heute mit einer wunderschönen Begleitung."

Diana lächelte etwas verlegen über das Kompliment. Auch wenn es nur eine Floskel war, fühlte sie sich geschmeichelt. Besonders weil die Bedienung sie dabei so herzlich anstrahlte.

"Wollen Sie die Speisekarte?"

"Nein. Ich denke, wir nehmen das Tagesgericht und dazu jeweils ein Ruppaner.", sagte Wieland. "Einverstanden, Frau Schäfer?"

"Warum nicht.", antwortete sie.

Einige Minuten später brachte der Kellner ihnen die beiden gezapften Biere.

"Sollen wir uns nicht duzen? Ich bin Klaus."

"Diana."

Sie stießen an und tranken einen guten Schluck. Dabei bemerkte Diana zum ersten Mal das intensive Glühen in Wielands Augen.

"Bist du in dem Fall weitergekommen?"

"In welchem Fall?"

"Äh, Robert Brandt. Oder bearbeitest du noch andere Fälle?"

"Nein. Ich war nur gerade in Gedanken woanders."

"Also, wenn er tot ist. Ich meine, für seine Eltern muss das doch schrecklich sein. Diese Ungewissheit."

"Es gibt eine Spur nach Bali."

"Echt?", fragte Wieland erstaunt.

"Eine seiner Kreditkarten wurde von dort belastet. Jetzt sucht ihn die dortige Polizei, damit wir mit ihm reden können."

"Das wäre schön. Darauf müssen wir anstoßen."

"Nun, noch kann es sich als eine falsche Spur herausstellen."

"Das wollen wir doch nicht hoffen."

Ihre Biergläser verursachten beim Anstoßen ein helles Klingen. Diana dachte: âEntweder weiß er wirklich nichts oder er ist ein verdammt guter Schauspieler.â

"Wenn sich Bali als eine falsche Spur herausstellt; wo würdest du dann, hypothetisch gesprochen, suchen? Weißt du, ich lese unheimlich gerne Kriminalromane und wenn ich die Gelegenheit habe, irgendwie bei einer Ermittlung dabei zu sein, mit einem Profi reden zu können, dann möchte ich auch wissen, wie das in der Wirklichkeit vonstatten geht."

"Vor allem viel langweiliger als in den Büchern. Hier gibt es keine Schießereien, keine wilden Verfolgungsjagden und die Detektive verlieben sich nicht in die Hauptverdächtige."

"Oh, ich würde mich gerne in dich verlieben."

"Warum sollte ich dich verdächtigen?"

"Nun, vielleicht habe ich ihn umgebracht und seine Leiche im Wald verscharrt."

"Aber warum?"

"Hmhm, vielleicht, weil er etwas über mich herausgefunden hat."

"Was denn?"

"Uh, du fragst aber hartnäckig nach.", sagte Wieland mit einem leichten Lächeln. Haifischig, fand Diana. "Also, was gibt es in den Büchern für Motive? Ich bin ein unbekannter Massenmörder. Ich habe meine Promotion abgeschrieben. Ich bin der Drogenkönig der Universität."

"Oder du bist ein Einbrecher."

"Äh, auch eine Idee." Wieland nahm ihre Linke in seine Hände. Sie zog sie nicht zurück. "Reicht das jetzt zum Verlieben?"

"Leider bin ich in festen Händen."

"Schade.", sagte Wieland in einem leicht ironischen Tonfall, der eigentlich hieß âDas wollen wir doch mal sehen.â.

"Und Morde lösen Privatdetektive auch nicht. Scheidungsfälle. Eheliche Untreue. Unterhaltszahlungen. Und Wirtschaftssachen. Oft suchen wir Ladendiebe. Mitarbeiter, die etwas aus dem Lager mitgehen lassen. Schwarzarbeiter. Oder helfen einer Versicherung."

"Und was tust du dann?"

"Leute befragen. Beobachten. Bilder machen. Berichte schreiben. Ist eine ziemlich langweilige Sache."

"Du siehst aber nicht aus, als würdest du ein langweiliges Leben führen wollen."

Diana überlegte, was sie Wieland antworten sollte. Die Wahrheit? Eine Lüge? Schließlich sagte sie ausweichend: "Von etwas muss ich leben."

"Ah, das müssen wir alle. Aber, ich denke, wir sollten nicht irgendeine Arbeit annehmen, sondern nur eine Arbeit, die uns herausfordert."

"Tut das deine?"

"Auf intellektueller Basis schon."

"Aber finanziell sieht es doch nicht so gut aus?"

"Ach, so schlecht ist der Verdienst nun auch wieder nicht."

"Aber ist es auch das, was du verdienst?"

Wieland zögerte. Worauf wollte sie hinaus? Dann sagte er: "Mehr ist immer gut. Ich meine, wer würde nicht gerne eine Null an sein Gehalt dranhängen?"

"Wahrscheinlich niemand."

"Siehst du. So ist es auch bei mir. Zum Beispiel mein Fahrrad. Es ist teuer. Und wenn ich mehr Geld hätte, hätte ich mir natürlich ein besseres gekauft."

"Noch besser?"

"Aber selbstverständlich. Wenn ich sehe, mit was für Rädern die jetzt wieder bei der Tour de France gefahren sind, dann, ja dann, sitze ich, wie ein kleines Kind mit großen, gierigen Augen vor dem Fernseher. Die zeigen mir unerreichbare Kostbarkeiten, als sei es Ramschware aus einem Kaufhaus."

"Ich denke aber, du würdest viel tun, um deine Ziele zu erreichen."

"Die Uni ist ein Haifischbecken. Zu viele ehrgeizige Männer, die auf zu wenige, befristete Stellen wollen."

"Und Frauen?"

"Werden immer weniger, je höher wir auf der Leiter steigen."

"Was ja ganz gut ist."

"Ich würde Lügen, wenn ich das wirklich bedauern würde. Ah, das Essen."

Der Kellner stellte ihnen das Tagesgericht, Fellchen mit Kartoffeln und Gemüse, hin. Schweigend begannen sie zu essen.

"Schmeckt es?"

"Ausgezeichnet."

"Du hast vorher eine Frage nicht beantwortet."

"Welche?"

"Was würdest du tun, wenn Robert Brandt nicht in Bali ist?"

"Also, wenn wir dann nicht über den Benutzer der Karten zu einer neuen Spur kommen, würde ich wieder zurück an die Uni gehen. Dort wurde er zuletzt gesehen. Dort hielt er sich die meiste Zeit auf. Und von da aus würde ich versuchen herauszufinden, was dann weiter mit ihm geschah."

"Aber das hat doch die Polizei schon getan."

"Schon. Aber dann wird die Polizei wirklich anfangen zu suchen. Denn dann wäre klar, dass Robert nicht überstürzt in Urlaub gefahren, sondern ermordet wurde."

"Oh."

"Und je länger die Leiche irgendwo verfault, desto schwieriger ist es, gute und aussagekräftige Spuren zu finden."

"In CSIâ"

Diana unterbrach ihn mit einer wegwerfenden Handbewegung. "Fernsehen. Da finden sie immer tolle Spuren. In Wirklichkeit ist das viel schwieriger. Vieles ist nicht so eindeutig. Wir brauchen Zeugen. Und je mehr Zeit vergeht, desto unzuverlässiger werden deren Aussagen."

"Aber warum beginnt ihr die Suche an der Uni und nicht dort, wo der, hm, Kartenbesitzer die Karte gefunden hat?"

"Wir, also die Polizei und ich, werden versuchen, Roberts letzte Stunden zu rekonstruieren. Die Zeit zwischen deinem Uni-Kurs und dem Auffinden der Karte." Diana trank einen Schluck Bier. "Außerdem wird die Polizei dann gründlich arbeiten. Bei den ersten Befragungen hatte sie noch nicht einmal herausgefunden, dass er in deinem Kurs war."

"Was uns aber auch nicht weitergebracht hat."

"Nein. Allerdings bin ich fest überzeugt, dass die Lösung für sein Verschwinden an oder in der Uni zu finden ist."


Axel Bussmer beim Ausbrüten feinteiliger Straftaten (rein literarischer Natur)
AXEL BUSSMER
iM INTERVIEW


(mit ULrike Duchna, Franka Plaschke und Barbara Keller im AREMA/Moabit
vom 31.07.2007...)


Kanzlei Hoenig