Drei Stunden dauerten am heutigen Tag der Hauptverhandlung die Plädoyers von Verteidigung und Anklage. Staatsanwalt Michael von Hagen referierte seine Version des Tathergangs. Eine Version, der sich im Großen und Ganzen später in ihrem Urteil auch die Kammer anschloss.
Danach seien Jozef und Nedeljko St. am Sonntag, dem 2. September vergangenen Jahres, vermutlich Lutz F., den sie seit circa fünf Monaten kannten, auf der Kottbusser Brücke begegnet. Die Brüder suchten auf dem dort befindlichen illegalen Automarkt einen siebensitzigen Mitsubishi loszuschlagen.
Spätestens da, so der Ankläger, sei bei den Brüdern der Tatplan gereift, Lutz F. betrunken zu machen, um ihn auszurauben. Anders als von den Angeklagten ausgeführt seien beide Männer der Einladung von Lutz F. in seine Wohnung gefolgt. Bei sich zwei Sixpack Bier, einen Liter serbischen Birnenlikör.
Als der Alkohol nicht gewohnte Lutz F. dann genügend Schlagseite hatte, so Michael von Hagen, wollte Nedeljko St. den Diebstahlsplan umsetzen. Doch dann sei er von dem misstrauischen Lutz F. dabei erwischt worden und die Situation eskalierte. - Später raubte Jozef F. dann planmäßig den Ermordeten aus und nahm eine Beute im Wert von 6.000 Euro mit sich.
Die Anklage hält Jozef St., der mit mindestens 15.000 Euro stark verschuldet ist, für den Rädelsführer. Vermutlich, so Michael von Hagen, schlug er Lutz F. eine Flasche auf den Hinterkopf, worauf es zu einem wilden Kampfgetümmel kam. Bei dem soll der alte Herr zwischen Wand und Bett auf dem Rücken zu liegen gekommen sein.
Jozef St. kniete sich, den Ausführungen des Anklägers nach, auf den Brustkorb des Opfers und erwürgte ihn mit bloßen Händen in einem Minuten währenden Kampf. – Eine Prozedur, die Lutz F. daneben mehrere Rippenbrüche einbrachte, und die im Fachjargon
"Burking" genannt wird.
Eine Tatbeteiligung an der Tötung von Lutz F., so der Staatsanwalt, konnte Nedeljko St. nicht nachgewiesen werden. Aber er hätte als Schweigelohn von der Beute eine Uhr und die Playstation von seinem Bruder entgegengenommen. Letztere schenkte er dann seinen Kindern.
Die Erklärung von Jozef St., er sei das Opfer seines Alkohol- und Tablettenproblems sowie seiner aufschießenden Emotionen gegen Lutz F.s homoerotischen Annäherungsversuche verwies Michael von Hagen in das Reich der Fantasie. Ersteres in Anlehnung an die Ausführungen des Sachverständigen
Dr. Bodo Schmock. Für homoerotische Neigungen des alten Mannes hätte sich dagegen nicht der kleinste Hinweis finden lassen.
Michael von Hagen erklärt resümierend: "Marina M. hatte Recht. Seinen Schmuck so offen zu tragen, wurde Lutz F. zum Verhängnis." Er beantragte gemäß § 211 eine lebenslange Haftstrafe für Jozef St., für seinen Bruder Nedeljo St. eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten.
Nachdem die Verteidiger der Angeklagten in ihren Plädoyers ihr Möglichstes gaben, den entstandenen Flurschaden für ihre Mandanten so gering wie möglich zu halten, nahmen auch die Brüder die Möglichkeit zu einem letzten Wort.
Jozef St. nutzte sie zu einem ihm sturzbachähnlich entströmenden Rechtfertigungsmonolog. "Ich bin der Meinung, ich habe ihn nicht getötet", hieß es darin. Denn man sei ja sehr lange befreundet gewesen, habe sich gegenseitig nett gefunden. "Er war mein Freund, wie ein Vater für mich", sagt er.
Niemals würde er wegen Geld töten. Er habe Geld, Autos, Freunde, Familie. Die würden ihm Geld geben, um seine Schulden zu begleichen. Auch seine Religion führt Jozef St. als Argument ins Feld und beteuert: "Ich bin kein Mörder! Gott würde mich bestrafen!" – Wenn er könnte, würde Jozef St. alles ungeschehen machen.
Nedeljko St. dagegen äußerte zuletzt, es täte ihm alles leid, was da passiert sei. Er schloss sich den Ausführungen seines Verteidigers an.
Um 12:00 verkündete Richterin Strobel das bereits bekannte Urteil. Lebenslange Haft für Jozef St. wegen Mordes. Eine
besondere Schwere der Schuld wurde nicht festgestellt. Zehn Monate Haft, ausgesetzt auf drei Jahre für Nedeljko St. wegen besonders schweren Diebstahls und Hehlerei. Nedeljko St. verließ als freier Mann den Saal.
In der Urteilsbegründung betonte Richterin Gabriele Strobel, die Tötung des Lutz F. sei weder ein Unfall, noch eine fahrlässige Tötung und auch kein kaltblütiger Mord gewesen. Sondern ein an sich harmloser Tatplan sei in der Nacht des 3. September 2007 aus dem Ruder gelaufen, der dann zum klassischen Mord aus Habgier mutierte.