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aus dem moabiter kriminalgericht


Tötungswunsch per SMS


von Barbara Keller

12. September 2008. Kriminalgericht Moabit, 40. Große Strafkammer
Im Verfahren gegen den mutmaßlichen Mörder Matthias S. (47), der laut Staatsanwaltschaft am 20. April 2008 den 41-jährigen Mike G. in seiner Lichtenberger Wohnung zum sexuellen Lustgewinn mit einem Steakmesser erstochen haben soll, ist ein Urteil frühestens am Montag, dem 22. September 2008, zu erwarten
('berlinkriminell.de berichtete). Rechtsanwalt Dr. René Börner, Verteidiger des Angeklagten, der den Fall auf 'Töten auf Verlangen' oder Totschlag in minder schwerem Fall herausbringen will, hofft offenbar, den Fall des Damoklesschwertes noch etwas hinauszuzögern.
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Denn nach Sachlage scheint der Fall anders als auf einen Mord nicht hinauszulaufen. So soll Matthias S. sein Opfer am Abend des 20. April 2008 bei einem gemeinsamen sadomasochistischen Treff gefesselt, geknebelt und den wehrlos Gemachten mit einem wuchtigen Messerhieb in die linke Brusthälfte tödlich verletzt haben.

Das Messer hierzu hatte Matthias S. nach eigener Aussage zuvor extra für dieses Treffen auf der Ablage des Fernsehtisches bereitgelegt. Die Linie des Verteidigers von Matthias S. läuft auf ein 'Töten auf Verlangen' oder einen Totschlag in minder schwerem Fall heraus.

Sein Mandant, so der Jurist, habe dem immer wieder geäußerten Tötungswunsch des sexuellen Gelegenheitspartners Mike G. lange widerstanden. Aber, so Dr. Börner: "Wer vor solchen Treffen wiederholt mit einem Schwall von Tötungswünschen vorstellig wird, kann nicht sicher sein, dass der Adressat nicht einmal doch ernst macht."

Staatsanwalt Holger Freund hielt dem entgegen, dass eine gemeinsame Absprache tatsächlich nie stattgefunden und bloße SMS zum Beweis eines ernsthaft vorliegenden Tötungsverlangens nicht ausreichend seien. Zudem hatten Ermittlungen des LKA bislang ergeben, dass ein, wie von der Verteidigung vorgetragener reger Handykontakt zwischen Matthias S. und seinem späteren Opfer offenbar nicht bestand.

Nachdem am dritten Tag der Hauptverhandlung, am 9. September 2008, auf Antrag des Verteidigers die Ausführungen von Jens Köhler (46), Facharzt für Psychiatrie, zur Person Matthias S. unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu hören waren, glaubte die 40. Große Strafkammer am 12. September 2008 mit einem vierten als letzten Termin auskommen zu können.

Tatsächlich konnte die Aussage des forensischen Informatikers Jack-Ramon Banner (44) an diesem Tag wenig Erhellendes zum Handyverkehr der Tatbeteiligten beitragen. Anders als von der Anklage behauptet, lautete sein Fazit schließlich: "Wir wissen nicht, ob SMS da waren. Dass nichts zu finden ist, heißt aber nicht, dass es keine gab."

Der Informatiker hatte die Daten von vier Handys untersucht. Fand jedoch zum relevanten Zeitraum keine Spuren eines regen Kontaktes zwischen Täter und Opfer. Mit einem speziellen Programm las der Fachmann vom LKA die Daten der Handys aus. In einem Fall interpretierte er den internen Speicher des Gerätes mit einem extra für diesen Zweck programmierten Perlscript-Programm. - Allerdings mit wenig Erfolg.

Die 40. Große Strafkammer unter Vorsitz von Richterin Gabriele Strobel hat nun die von Rechtsanwalt Dr. René Börner vorgebrachten Beweisanträge am 12. September 2008 alle beschieden. An diesem Tag hätte auch plädiert und das Urteil gefällt werden können. Doch Verteidiger Dr. René Börner hat sich noch einmal Bedenkzeit auserbeten. Ob am Montag, dem 22. September 2008, tatsächlich abschließend plädiert und das Urteil gehört werden kann, bleibt abzuwarten.

Urteil vom 22. Sept. 2008:
Zehn Jahre Haft wegen Mordes. Richterin Gabriele Strobel erklärte in ihrer Urteilsbegründung zu Couleur und Motiv der Tat: "Es kam einer Hinrichtung gleich." Und: "Selbsthass und Selbstverachtung schlugen in der Situation in Hass auf den Partner um." - Zu einer für Mord verbindlichen Verurteilung zu lebenslanger Haft kam es nicht, weil die Kammer auf verminderte Schuldfähigkeit des Täters abstellte. Matthias S. hatte zur Zeit der Tatbegehung 2,6 Promille Alkohol im Blut.

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NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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Die Ausführungen des psychologischen Sachverständigen Jens Köhler (re.) erfolgten auf Antrag der Verteidigung unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Staatsanwalt Holger Freund glaubt nicht an eine Variante des Tötens auf Verlangen auf SMS-Basis.

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