Dabei gehört dem gebürtigen Kölner Dieter Harbecke, 1989 in einem
Feature des Journalisten Rainer Ott ("Die Zeit", 14.07.1989) noch als Millionär bezeichnet, eine der heiß begehrten Havelparzellen an der Spandauer Scharfen Lanke samt Haus in unmittelbarer Nachbarschaft der Marina-Lanke-Werft. Die stellt man sich jedoch, auch wenn darauf zwei bescheidene Häuschen stehen, als Residenz einer gewesenen Unterwelthautevollee um einiges glamouröser vor.
Bereits 1977 war Harbecke 33-jährig, damals noch Besitzer eines Massagesalons, wegen Hehlerei zu 18 Monaten Haft verurteilt worden. Nichtsdestotrotz arbeitete er mehrfach mit der Polizei zusammen. Denn seiner damaliger Meinung nach gehören Mörder hinter Gitter.
Zweimal denunzierte Harbecke unter seltsamen Umständen Mehrfachmörder und einmal eine betuchte Dame aus Aidlingen bei Stuttgard, die dringend einen fähigen Auftragsmörder zur Beseitigung ihres Geschäfspartners suchte.
In den 80ern Ronald Krüger, der Vater und Mutter erschoss, um an ihr Millionenvermögen zu kommen. (Vor Gericht hatte der später Verurteilte dann jedoch behauptet: "Es war der Bordellchef Harbecke! Er hat mir das Geständnis mit Gewalt abgezwungen!") Ende der 90er lässt Dieter Harbecke erneut einen Elternmörder hochgehen: den Schwiegersohn seiner Lebensgefährtin.
Verfängliches vom alten OK
Ob Dieter Harbecke, der zwei Jahre später wegen Waffenschieberei drankommt, 1988 während seiner Schiffsreise mit Lebensgefährtin Regina K. an der Rhonschleuse tatsächlich nur das Opfer eines schnöden Unfalls wird, oder ob das Unglück
ein Rachakt bleibt offen. Jedenfalls explodiert, als Dieter Harbecke gerade allein auf der Yacht ist, plötzlich der Schiffsmotor und Dieter Harbecke, umfänglich mit Diesel bespritzt, geht als lebende Fackel in Flammen auf.
Als spektakulär darf auch Harbeckes Zusammenarbeit mit der Polizei im Zusammenhang mit dem Mordkomplott um die Unternehmerin Miachaela McNeil-Hornickel gegen ihren Ex-Lebensgefährten Alfred H. Kayser gelten. Die hatte sich den hartgesottenen Berliner als Auftragnehmer für die geräuschlose Beseitigung ihres missliebigen Geschäftspartners und ehemaligen Freundes auserchoren.
Harbecke, der sich nur zum Schein auf den Deal einließ, sahnte jedoch lediglich nach allen Seiten ab und offerierte den Mordplan der zunächst ungläubigen Berliner Polizei.
Gelebt wie Lude und Dirne
Jetzt holt Dieter Harbecke seine trübe Vergangenheit doch noch ein. Der Unterweltboss und ehemalige Besitzer des Bordells "Regina-Club" in der Konstanzer Straße muss sich den Vorwürfen seiner nun 18-jährigen Tochter Nora P.* stellen, sie ab dem 14. Lebensjahr sexuell missbraucht und ausgebeutet zu haben.
Nora P.*, die bis zu ihrem 12 Lebensjahr bei ihrer Mutter Antje H. lebte, verbrachte zwei Jahre in einem Heim und wohnte dann bis zu ihrer Volljährigkeit bei ihrem leiblichen Vater Dieter Harbecke an der Scharfen Lanke in Spandau, praktisch 'in der Höhle des Löwen'.
Laut Anklage soll Harbecke seine Tochter seit dieser Zeit wiederholt beschlafen und sie in Swingerclubs der Städte Berlin, Gelsenkirchen und Bochum mitgenommen haben. Vielleicht 16 mal besuchte Harbecke seinen Bruder in der JVA Bochum, eine Reise, auf die er auch seine Tochter mitnahm und mit der er bei dieser Gelegenheit in seinem Wohnmobil schlief.
In den Swingerclubs soll es wiederholt zu sadomasochistischen Sexpraktiken mit Nora P.* gekommen sein, denen Harbecke allerdings nur als Voyer beiwohnte. Zuletzt brachte er laut Anklage Nora P.* dazu, ihr Profil im Internet zu veröffentlichen, um als Prostituierte für ihn tätig zu werden. Den Erlösen steckte sich der Bordellking, so heißt es, dann in die eigene Tasche.
Übrigens soll bereits der Vater des heute Angeklagten, Friedrich Wilhelm H., in erster Ehe mit einer Prostituierten liiert, vom Unzuchtserlös seiner Tochter Karin B. in Wuppertal gelebt haben, von 1971 bis 1975 als Sicherheitsverwahrter inhaftiert und während des Krieges in diversen Haftanstalten sowie in Strafbattalionen interniert gewesen sein. Die Strafakte des Vaters ähnelt der des Sohnes in frappanter Weise: Einbruch, Diebstahl, Betrug, 'Unzucht' mit Kindern, Zuhälterei, Menschenhandel.
Ominöser Unfall mit Folgen
Herausgekommen war alles, nachdem sich Nora P.* im Krankenhaus nach einem schweren Unfall im November 2007 Ärzten des Krankenhauses anvertraute. Übrigens ein durchaus mysteriöser Unfall, der sich nach einer Differenz zwischen Vater Harbecke und Tochter ereignete. Danach soll Nora P.* ihren Vater wegen Waffenhandels angezeigt, beziehungsweise eine Anzeige beabsichtigt haben.
Vater Dieter Harbecke schmiss daraufhin seine Tochter aus der Spandauer Wohnung. Kurze Zeit darauf überfuhr ein unbekannt gebliebener Raser das junge Mädchen auf offener Straße mit seinem Mercedes.
Am 17. Februar 2009, am Beginn der Hauptverhandlung, widerspricht der gut gekleidete, smarte Dieter Harbecke den Anklagevorwürfen. Der redselige Mann weint, erklärt, mit Bordellen nichts mehr zu tun haben zu wollen und spricht von einem "bösartigen Ermittlungsergebnis".
Whisky, Wirlpool, gute Freunde
Er habe seiner Tochter nichts abschlagen können und sie deshalb mit in die Swingerclubs genommen. Dort hielt Harbecke selbst sich gern bei einem Whisky im Wirlpool bei guter Gesellschaft auf. Dass sich seine Tochter ans Kreuz binden ließ, bei SM-Spielen mit heißem Wachs und Peitsche involviert war, davon will Dieter Harbecke nichts mitbekommen haben.
Das Pornovideo sei, so erklärt er, ohne seine Kenntnis entstanden und auch dass seine Tochter der Prostitution nachging, bemerkte Harbecke nach eigenen Aussagen nicht. Dieter Harbecke sagt, seine Tochter habe ihn angefleht, mit in die Clubs zu dürfen und wollte ihn heiraten.
Die Aussage der Tochter am 26. Februar 2009 fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das Verfahren wird am 5. März 2009, 9:00, Saal 701 fortgesetzt.
(*Name von der Redaktion geändert)