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Angriff auf den Kapitalmarkt: Die gefühlsechten Aktien des Markus Frick


von von Barbara Keller

14.4.2011, 19. Gr. Strafkammer
Ein Bäcker wird Börsen-Guru empfiehlt Aktien 'nach Gefühl', wird reich. Glück gehabt. Er hört nämlich (immer wieder!) die Nachtigall trapsen, kauft wertlose Papiere, wärmt sie an der Sonne Maritius', hypt sie digital, auf Papier und Bildschirm, stößt sie ab, wird Goldmarie (als hätte er was gewusst). 20.000 Anleger folgen wie die Lemminge, kaufen, bleiben zumeist auf dem Ramsch hängen. Pech gehabt! Eine Berliner Wirtschaftsstrafkammer fand das nicht richtig. Sie verurteilte den schweigsamen Goldjungen zu einer Bewährungsstrafe. 42 Millionen für die Justizkasse, vier für den Angeklagten. 'Unbillige Härten' sind gemein. Gesetze müsste man haben! 'berlinkriminell.de' berichtete...


Eric M.* ist Berliner Polizeibeamter. Ein mittelgroßer, schlanker Mann, Mitte 30, freundlich, aufgeschlossen. Mit seinem Ersparten hat er an der Börse hier und da schon ein paar Euro Gewinn machen können. Eric M. ist beeindruckt vom Erfolg des Börsen-Gurus Markus Frick, dessen Stern 2007 im Zenit steht. Er hat den von Frick herausgegebenen Infobrief (1.000,-- Euro Jahresgebühr) abonniert und ist damit Teil einer 20.000 Personen starken Fangemeinde, die den viel versprechenden Börsen-Tipps des gelernten Bäckers aus Baden-Württemberg folgen.

Eric M. zweifelt nicht an der Integrität des populären Börsen-Meisters, auf den er über den Fernsehsender N24 aufmerksam geworden ist. Als Markus Frick Mitte 2007 in einem Werbeeinschub seiner Sendung auf N24 die Werbetrommel für russische Rohstoffaktien rührt, fühlt sich Eric M. angesprochen. Bilder von Ölraffinerien flimmern über den Bildschirm und fordern auf zu kaufen. "Wenn du heute siehst, dass da gar nichts dahinter steht", schüttelt Eric M. heute missbilligend den Kopf.

Doch 2007 kauft er für 10.000,-- Euro Aktien dieses angeblich aufstrebenden Ölförderunternehmens mit Standort Russland. Ende Mai 2007 stürzen die Aktien urplötzlich ab. Eric M. wird nervös. Doch er erhält eine beruhigende SMS von Markus Frick. Der Polizeibeamte sagt: "Darin stand, das wäre nur kurzfristig. Das beste wäre, jetzt noch einmal nachzukaufen."

Markus Frick selbst, der sich ohne Wissen der Anleger ebenfalls mit diesen Aktien eingedeckt hat, stößt sie kurz darauf mit Gewinn ab. Die Aktien aber fallen weiter, Eric M. kann zuletzt froh sein, sie für 66 Cent das Stück an den Mann zu bringen. Er sagt: "Markus Frick hat bei anderen Aktien, zum Beispiel bei den Allianz-Aktien, durchaus sein Eigeninteresse transparent gemacht. In diesen Fall aber nicht."

Der Berliner Polizeibeamte gehört zu den 867 Anlegern, mit denen Markus Frick später in Vergleich ging. (4,6 Millionen Euro, bei einem Umsatz von 760 Millionen, kamen bislang in Auszahlung.) Eric M. schildert, wie die 'Einigung' in seinem Fall aussah: "Ich wollte mich mit den 30 Prozent Erstattung nicht zufrieden geben. Doch mein Anwalt setzte mich unter Druck. Er würde mich sonst nicht mehr vertreten." Eric M., der anfangs sogar klagen wollte, erklärt resigniert: "Mein Anwalt fürchtete wohl, Frick könnte in die Insolvenz gehen."

Heute wurde Markus Frick von einer Wirtschaftsstrafkammer des Berliner Landgerichts wegen 'Skalping' in 36 Fällen zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Trotz aller Indizien sah das Gericht keine Veranlassung, Markus Frick wegen vorsätzlicher Täuschung zu verurteilen. Das habe man dem Angeklagten in diesem Verfahren, in dem übrigens lediglich ein Beamter des Landeskriminalamtes als Zeuge gehört wurde, nicht nachweisen können.

Der Vorsitzende Richter Willnow erklärte in der Urteilsbegründung, Frick "war selber Opfer" und ein "leichtfertig handelndes Werkzeug" in den Händen des einschlägig vorbestraften Börsenbetrügers Myron Gushlak. Der Ende 2010 in New York zu sechs Jahren Haft verurteilte Millionär hatte dem Angeklagten gemeinsam mit seinem Kompagnon Igor Lipovetsky drei wertlose Aktienpakete für lau zur eigenen Verwendung überlassen. Frick, der seine steuerfreien krummen Geschäfte über Depots auf Mauritius und die Merck Finck & Co. abwickelte, hatte jedoch behauptet, von der Wertlosigkeit der Papiere nichts gewusst zu haben.

Richter Willnow resümierte: "Eine bewusste Schädigung von Anlegern fand nicht statt." Es habe jedoch in Hinblick auf die Vielzahl der Fälle und das Volumen ein 'Angriff auf den Kapitalmarkt' stattgefunden. Zwar sei das Börsengeschäft auch 'ein bisschen Spielkasino', Fricks Handeln aber dennoch 'nicht in Ordnung'.

Circa 42 Millionen Euro der durch die Staatsanwaltschaft sichergestellten Gelder werden, wenn das Urteil rechtsgültig wird, in die Berliner Justizkasse fließen. Vier Millionen (GIBO GmbH) verbleiben nach Auskunft des Staatsanwaltes Tarvo Hovi bei dem Angeklagten. Um 'unbillige Härten' zu vermeiden und damit Markus Frick noch anstehende Forderungen von Anlegern in der Lage bleibt.

"Das war ein sehr friedliches Verfahren", konstatiert Richter Willnow zuletzt zufrieden über den Prozess, das, wie er lächelnd erklärt, wegen des in aller Einvernehmlichkeit durchgeführten Selbstleseverfahrens praktisch 'unter Ausschluss der Öffentlichkeit' stattfand.

*Name von der Redaktion geändert



NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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