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An die Grenzen gekommen - Busunglück am Schönefelder Kreuz


von von Barbara Keller

01.06.2012, Landgericht Potsdam
Am 26. September 2012 befährt die im Polizeidienst beschäftigte Beatrice D. (38) mit überhöhter Geschwindigkeit die Zufahrt auf der A10 am Schönefelder Kreuz. Sie fährt 50 km/h, wo 40 km/h erlaubt sind. Ein Fahrfehler, vielleicht eine Unaufmerksamkeit, führen dazu, dass sie die Kontrolle über den Mercedes verliert. Der Wagen bricht aus. Nach zwei Korrekturmanövern kollidiert sie mit einem polnischen Reisebus. Der Fahrer des Busses versucht auszuweichen. Er fährt mit rund 100 km/h an die Leitplanke und touchiert dann mit dem Oberdeck die Pfeiler einer Autobahnbrücke. Elf Menschen sterben sofort, zwei kurz darauf, eine Person stirbt mehrere Tage später.
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Am Freitag, dem 1. Juni 2012, verurteilte die fünfte Große Strafkammer des Potsdamer Landgerichts die in Berlin ansässige Beatrice D. wegen fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe von Mutmaßliche Verursacherin des Unglücks auf der A10: Baetrice D.einem Jahr, die sie auf zwei Jahre aussetzte. Die Kammer hielt die 38-Jährige für schuldig, den Tod von 14 Menschen verursacht zu haben.

Es gäbe jetzt keinen Zweifel mehr am Hergang des Unfalls, erklärte die Vorsitzende Richterin Ulrike Piehler-Morbach in der Urteilsbegründung. Die Kammer stütze sich in ihrer Entscheidung auf die Ergebnisse der Sachverständigen. Ein Aquaplaning, auch ein Ölfilm seien auszuschließen. "Niemand sah eine Ölspur an der Unfallstelle", so Richterin Piehler-Morbach. Der Unfall habe sich an einer als Unfallschwerpunkt bekannten Kurve ereignet.

"Es kommt vor, dass Richter an ihre Grenzen kommen", leitete die Richterin ihre Ausführungen zur Strafzumessung ein. Wie sei ein Mensch zu bestrafen, der den Tod von 14 Menschen zu verantworten habe. "Die schwerste Last, die die Angeklagte zu tragen hat, ist nicht die Strafe", sagte Piehler-Morbach. Es sei vielmehr das Bewusstsein der Schuld.

Doch gerade der Mangel an bezeugtem Schuldbewusstsein war während des Verfahrens die Achillesferse der Verteidigung. Beatrice D. hatte erklärt, sich an nichts mehr erinnern zu können, zeigte sich larmoyant. Sie würde im Traum von 'Leichenbildern' verfolgt. Für die Opfer und deren Angehörige fand sie bis zuletzt kein Wort. Diese fühlten sich von Beatrice D. gegen den Kopf gestoßen.

"Wie kann jemand Reue zeigen an einer Tat, an die er sich nicht mehr erinnert", führte die Richterin dagegen aus. Beatrice D. sei selbst traumatisiert, stehe massiv unter Druck und beruhigenden Tabletten. Sie sei arbeitsunfähig und besuche eine Therapie. Die Strafkammer bewertete offenbar aus diesem Grund den Mangel an Empathie bei der Angeklagten nicht als strafverschärfend. Die Richterin betonte: "Das Gericht ist keine moralische Instanz, die über Gewissensfragen urteilt."

Auch den Führerschein beließ die Strafkammer der Angeklagten. Beatrice D. sei im Sinne des Strafrechts nicht untauglich zum Führen eines Fahrzeuges. Die bislang nicht einschlägig in Erscheinung getretene Angeklagte sei weder verantwortungslos gerast, noch unter dem Einfluss von Drogen oder Alkohol gefahren. Zu dem schrecklichen Unfall habe auch 'viel Unglück' beigetragen. "Damit ist die Sache hier abgeschlossen", beendete die Vorsitzende Richterin die Sitzung.

Der Nebenklagevertreter Radoslaw Niecko zeigte sich enttäuscht über das 'milde Urteil'. Er fand es unerklärlich, mit welch stoischer Vehemenz Beatrice D. einsichtsfrei blieb. "Auch wenn sie sich nicht erinnern kann. Sie muss doch bedauern, 14 Menschen aus dem Leben gestrichen zu haben", erklärte Niecko. Aller Voraussicht nach werden seine Mandanten, so der Rechtsanwalt, jedoch nicht in Revision gehen.

Auch Staatsanwalt Gerd Heininger, der in seinem Plädoyer eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten beantragt hatte, hielt es weder sinnvoll noch erfolgversprechend gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen. Die Angeklagte und ihr Verteidiger waren nach Abschluss des Verfahrens für ein Statement nicht mehr zu haben.

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Kommentar der Redaktion:
Die Autorin schlägt vor, allen Fahrzeugführern, die den Tod eines Menschen im Straßenverkehr verursacht haben, ob schuldhaft oder nicht, den Führerschein auf Lebenszeit zu entziehen. Aus Achtung und Demut vor dem eigenen und dem Leben anderer.

Diese kleine Unbequemlichkeit sollte man hinnehmen im Angesicht der Tatsache, dass es für den Verunfallten und seine Angehörigen für immer vorbei ist.





NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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