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Gerichtsreportagen


Ein verwaister Stinkefinger


von Susanne Rüster

Amtsgericht Tiergarten, Abt. 278, 03.08.2021
Das Spannende an der Hauptverhandlung gegen die zur "Querdenker"-Szene gehörende Katja K. waren die vom Vorsitzenden des Schöffengerichts angeordneten Sicherheitsvorkehrungen. Offensichtlich befürchtete er, dass Gesinnungsgenoss*innen der Katja K. einen Tumult im Gerichtssaal hervorrufen und verbotswidrig Filmaufnahmen zum Teilen in ihren Netzwerken machen würden.

Die einschlägige Szene schien aber zu wissen, dass heute hier nichts stattfinden würde. Einsame Besucherin der erwarteten Verhandlung war eine Pressevertreterin. Sie wurde vom Haupteingang zum Nebeneingang verwiesen und dort gut betreut von drei Wachtmeistern. Rucksack abgeben, eigenes Schreibmaterial verboten, dafür ersatzweise gerichtseigenes Papier und Bleistift. Jacke, Gürtel, Uhr abgeben, abtasten der Kleidung nebst Trägerin, Schuhe ausziehen, alles wieder anziehen. Warten vor der verschlossenen Tür.

Niemand aus den einschlägigen Kreisen kam hinzu, obwohl Katja K. ausweislich ihrer Facebook-und Instagram-Einträge durchaus bekannt in den sozialen Medien ist. Als schließlich 20 Minuten verspätet Einlass gewährt wurde, saß die Pressevertreterin flankiert von den drei Wachtmeistern, noch immer allein da und schien den an der Sitzbank klebenden Kaugummi zu begutachten.

Dass es schließlich doch informativ wurde, lag an dem auskunftsfreudigen Richter, der dem noch auf zwei Pressevertreter angeschwollenem Publikum mitteilte, Katja K. sei durch Strafbefehl wegen Beleidigung eines Polizeibeamten zu 30 Tagessätzen zu 30,00 € verurteilt worden. Auf ihren Einspruch habe er die Hauptverhandlung anberaumt. Die einen Rechtsanwalt ausweisenden Schriftsätze wiesen eine die staatlichen Organe verächtlich machende Sprache auf, so der Richter, und seien vermutlich von jemand anderem verfasst worden.

Weil die Angeklagte nicht zur Hauptverhandlung erschien, verwarf er ihren Einspruch. Eine Verhandlung kann nur dann noch stattfinden, sollte Katja K. ihr Fernbleiben genügend entschuldigen, wovon nicht auszugehen ist. Ob die Querdenkerin die 900,00 € Strafe bezahlen wird ist offen, darum kümmern sich wohl andere.

-> Susanne Rüster <-
Die Verfasserin war langjährig als Staatsanwältin im Kriminalgericht Moabit tätig und ist Autorin u.a. von Polizeiermittler-Krimis.

NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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