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Gerichtsreportagen


"Grüße von Theresa" - Mordfall Sodenkamp


von Barbara Keller

40. gr. Strafkammer , 22.07.2009
Am 3. November 2008 wird der 59jährige Immobilienmanager und gebürtige Westfale Friedhelm Sodenkamp auf offenem Straßenland bei seinem täglichen Abendspaziergang mit seinem Hund Max ermordet. Zwei Schüsse in den Oberkörper, ein finaler Schuss in die Schläfe. Hinter der brutalen Tat, die einer Hinrichtung gleichkommt und gegen 19:30 an der beschaulichen Uferpromenade der Fischerinsel geschieht, wird zunächst ein Exempel der Russenmafia vermutet. Acht Monate später jedoch müssen sich zwei Männer eines Reinickendorfer Bauunternehmens, Benjamin Lu. (31) und Vito L. (47), denen Sodenkamp geschäftlich im Weg gewesen sein soll, wegen Anstiftung zum Mord verantworten. Der mutmaßliche Auftragsmörder, der Pole Adam M. (41), wartet seit März 2009 in der westindischen Provinz Goa auf seine Auslieferung.
Verfahren gegen Adam M. (11.6.2012)
weitere Beiträge zum Verfahren aus 2009/10...
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Als die dänische TowerGroup GmbH Mitte des letzten Jahres wegen riskanter Aktiengeschäfte in Schwierigkeiten gerät, beauftragt sie den Immobilienmanager Sodenkamp mit der Sichtung ihrer Rechnungen. Der als Millionär geltende Westfale lebt seit drei Jahren in Berlin, erfreut sich einer breiten Streuung seiner Geschäftsfelder und ist mit beträchtlichem Kapital auch in die Alpha-Immobliengruppe seines nunmehrigen Geschäftspartners Krollmann eingestiegen. Letzterem kam 2006 bereits sein Immobilienberater Wolfgang Schepp, übrigens auch ein Geschäftsfreund Sodenkamps, durch Mord abhanden.

Der studierte Jurist Sodenkamp, blickt auf ein strafrechtlich bewegtes Leben im Ruhrpott zurück. Vier Jahre arbeitet er Mitte der 80er als Rechtsanwalt in Iserlohn, bis er wegen Untreue zu einem Jahr Haft verurteilt und ihm 1994 die Zulassung entzogen wird. Er ist wegen fortgesetzter Steuerhinterziehung, Untreue, Beleidigung und Verkehrsstraftaten vorbelastet und betätigte sich auch im Rotlichtmilieu. In der Iserlohner Unterwelt soll der unbequeme Choleriker als "der weiße Hai" bekannt gewesen und im russischen Stahlhandel beruflich als Jurist involviert gewesen sein.

Es nimmt nicht Wunder, dass die Berliner Ermittler im Mordfall Sodenkamp ihren Focus zunächst auf Zusammenhänge mit der organisierten Kriminalität des Ostens und etwaige Verbindungen zum Rotlichtmilieu des Ruhrpotts lenken.

Doch ein Anfängerfehler des mutmaßlichen Mörders selbst bringt die hiesige Mordkommission auf die Spur des Kaufmanns Benjamin Lu. und Vito L. Adam M. prahlt am Tag nach dem Mord mit seiner Tat und bringt so die Kripo auf seine Spur.

Benjamin Lu. ist im Sommer 2008 Geschäftsführer der Will GmbH, Vito L., ein gelernter Gas-, Wasserinstallateur, sein Bauleiter. 1,3 Mio. Euro Außenstände hat die Will GmbH, die auch für die TowerGroup GmbH tätig ist. Doch Sodenkamp blockiert unerfreulicher Weise die Zahlungen an das notleidende Bauunternehmen, indem er sie bei der TowerGroup in Misskredit bringt.

Vito L. und Benjamin Lu. sollen nun, so die Staatsanwaltschaft, auf die Idee gekommen sein, Störenfried Sodenkamp aus dem Weg zu räumen, um wieder direkt mit der TowerGroup verhandeln zu können und dem wirtschaftlichen Ruin zu entgehen. Zunächst dachten beide lediglich an eine 'ordentliche Abreibung', die den älteren Herrn für ein halbes Jahr aus dem Verkehr ziehen sollte.

Dass daraus mehr wurde, bestreiten die Angeklagten Männer am ersten Tag der Hauptverhandlung am 21. Juli 2009. Während Benjamin Lu., vertreten durch Rechtsanwalt Hubert Dreyling, zu den Tatvorwürfen schweigt, lässt 'Rädelsführer' Vito L. eine Erklärung verlesen.

Am 20.12.2008 hatte er anlässlich der richterlichen Vernehmung noch behauptet: "Ich habe damit nichts zu tun. Ich war lediglich der Abteilungsleiter der Will GmbH." Nun räumt Vito L. ein, dass sie Sodenkamp 'richtig verhauen' lassen wollten. Dazu hatte der Bauleiter, nachdem sein Arbeitgeber in seinen diesbezüglichen Bemühungen erfolglos blieb, den Polen Adam M. geheuert.

Adam M. arbeitete angeblich zufällig auf einer Baustelle nebenan und erbot sich, 'auszuhelfen'. "Es war nicht von Töten die Rede", heißt es in der Erklärung. 10.000 Euro wollten sich die Männer der Will GmbH den Dienst kosten lassen. Schon am nächsten Tag erhielt Adam M. 5.000 Euro Anzahlung. Eine Woche darauf noch einmal 2.000 Euro 'Spesen'.

Wegen Geldnöten und weil Sodenkamp Mitte 2008 der Will GmbH nicht mehr im Weg stand, wollte Vito L. jedoch im August 2008 den prekären Auftrag stornieren. Doch Adam M., heißt es in der Erklärung, hielt an seinem Auftrag, von dem er sich wohl noch einige Einnahmen versprach, fest und drohte seinem Auftraggeber sogar mit Gefahr für Leib und Leben. Man sei 'doch nicht im Kindergarten', polterte er.

Am 28. August 2008 zeigt Adam M., der in der französischen Fremdenlegion gedient haben soll, dem verängstigten Vito L. anlässlich eines Treffens in seiner Schmargendorfer Wohnung sein 'Lieblingsspielzeug', eine Armbrust der Marke Phantom CSL, mit der am 7. 10. 2008 ein erster Mordversuch an Sondenkamp scheitert. Es ist eine ernstzunehmende Waffe amerikanischer Herkunft, die schlappe 1.800 Euro kostet. Vito L. 'will nur noch weg', wie er sagt, und übergibt die vereinbarten 3.500 Euro.

Am 3. November 2008, dem Abend der Tat, sitzt Vito L. mit einem Bekannten in Steglitz bei Pizza und Bier, als ihn der Anruf des unliebsamen Adam M. ereilt: "Auftrag erledigt." Dann soll der Pole weitere Forderungen, verbunden mit Todesdrohungen gegen Vito L. und seine Familie, gestellt haben. "Ich wusste gar nicht, was für ein hohes Tier der Sodenkamp war", ließ er wissen. Die Russenmafia fordere für diesen Verlust jetzt Ersatz.

Weiter Geldforderungen wickelt Adam M. über Skype ab und lässt über Mittelsmänner, die sich mit dem Code "Schöne Grüße von Theresa" legitimieren, weitere 6.500 Euro, dann 50.000 Euro einfordern. Nach einem letzten Treffen in einem Café am Adenauerplatz stand Vito L. schließlich 'seelisch und körperlich vor dem völligen Zusammenbruch', wie er sagt.

Und Benjamin Lu.? Er befand sich am Tatabend auf einer Bowlingbahn, als ihn der Anruf seines Bauleiters erreichte: "Die letzte Baustelle ist erledigt. Der Abriss ist erfolgt." In seiner Zeugenvernehmung am 19. Dezember 2008, am Tag seiner Verhaftung, behauptet er jedoch: "An eine Tatausführung habe ich nicht geglaubt." Spätestens im Mai oder Juni 2008 habe er die Sache für obsolet gehalten.

Ob die Angeklagten tatsächlich der 'Geister, die sie riefen' nicht mehr Herr wurden, Adam M. in Erwartung hoher Summen nur für sich arbeitete oder Adam M., wie Rechtsanwalt Hubert Dreyling zu bedenken gibt, wirklich unschuldig ist und Sodenkamps schillernde Vergangenheit den Boden für die Bluttat bereitete, wird die 40. Strafkammer zu hinterfragen haben.

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NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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